Wien – Der Begutachtungsentwurf des Gesundheitsministeriums für die neue Pflegeausbildung stößt weiter auf Kritik: Der Vorsitzende der Gesundheitsgewerkschaft – eine Teilorganisation der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) – Johann Hable, sprach am Freitag von "Grausamkeiten" und warf Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) außerdem ein "Drüberfahren" vor, habe es doch trotz entsprechender Bitte keine Gespräche mit den Sozialpartnern gegeben.

Hable stört etwa, dass die Begutachtungsfrist einseitig bis Anfang September festgelegt worden sei: Wahrscheinlich rechne das Gesundheitsministerium damit, dass in der Urlaubszeit nur mangelhaft Stellung genommen werde und man somit die "Grausamkeiten ohne einen Einspruch der Sozialpartner durchbringen kann", schreibt der Gewerkschafter in einer Aussendung. "Wir sind entsetzt, dass trotz Abstrafens der Wählerinnen und Wähler im Burgenland und der Steiermark die Haltung 'Mia san mia' anscheinend weitergepflogen wird."

Die GÖD fordert die "unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen mit den Sozialpartnern". So sei etwa gesetzlich festzuhalten, dass die bisherigen Personen des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege (Diplomkrankenpfleger und Diplomkrankenschwester) als auch die Pflegehelfer keine fachliche, finanzielle und sonstige Schlechterstellung durch die Novelle erfahren.

Kritik auch von Dienstleistungsorganisationen

Enttäuscht und verärgert zeigten sich auch Vertreter der großen Dienstleistungsorganisationen der Behindertenarbeit (Diakonie, Caritas, Lebenshilfe, Habit, Jugend am Werk, Sozialwirtschaft Österreich) anlässlich der Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG). "Der Begutachtungsentwurf zum GuKG berücksichtigt ausschließlich den akutstationären Bereich, insbesondere die Krankenhäuser. Auf die Anforderungen der Behindertenarbeit wird hingegen überhaupt nicht eingegangen, obwohl das GuKG auch dort zur Anwendung gelangt", hieß es in einer Aussendung.

Bei der Betreuung und Begleitung von Menschen mit Behinderung sind laut den Organisationen pflegerische und medizinische Tätigkeiten Teil des Alltagslebens. Seit vielen Jahren habe sich in den Einrichtungen und Diensten der Behindertenarbeit eine Praxis der Delegation und Übertragung von pflegerischen und medizinischen Tätigkeiten entwickelt. "Diesem österreichweit praktisch erprobten, krisenfreien, täglich praktizierten und qualitätsgesicherten System fehlt es jedoch nach wie vor an einer gesicherten rechtlichen Basis." Um diese rechtlich problematische Situation zu beheben, forderten die Organisationen entsprechende Änderungen im GuKG sowie im Ärztegesetz.

Ministerium verteidigt Gesetzesentwurf

Das Gesundheitsministerium wies die Kritik zurück. Der GÖD entgegnete das Ministerium, dass die Sozialpartner und die Berufsgruppe in die Ausarbeitung des Begutachtungsentwurfes eingebunden waren. Den Hilfsorganisationen hielt das Ressort entgegen, dass die neue Ausbildung nicht nur den stationären Bereich, sondern auch die Pflege umfasse. (APA, 24.7.2015)