Berlin ist heiß, aber Wien ist noch heißer. Umso schöner, wenn man eine Einladung hat, liebe Freunde, bei denen man ein temporär verwaistes Kinderzimmer beziehen kann und eine Vorab-Lesung des neuen Buches.

Vor kurzem wurde die Dead Ladies Show von zwei reizenden Literaturübersetzenden in Berlin aus der Taufe gehoben. Jeder Abend ist jeweils drei widerspenstigen, eigenwilligen, tapferen und sicherlich auch herausfordernden Frauen gewidmet: Künstlerinnen, die man kennt oder die in Vergessenheit geraten sind, aber an die man erinnern möchte. Ikonen. Oder tragische Beispiele.

Von fatalen Stummfilmschauspielerinnen mit Hang zum Promiskuitiven, wie Dagmar Godowsky, bis zu Jazzsängerinnen, wie LaVerne Baker, hin zur scharfzüngigen Autorin und Journalistin Dorothy Parker war der Bogen weit gespannt.

Eine Art Serie "Große Töchter", die sich auf die weltweit großen Töchter bezieht, jedes Mal vorgestellt von je drei wechselnden Gästen. Die mir zugeteilte Dead Lady passte wie die Faust aufs Auge: Sie war quasi die Butter und ich das Brot dazu. Ich glich die Wettervorhersagen beider Städte ab: Wien stank mit 38 Grad gegen erfrischende 32 Grad in Berlin ziemlich ab. Nichts konnte mich mehr halten. Ich sagte, nicht ganz uneigennützig, sofort zu, aus meinem noch unveröffentlichten Text zu lesen, und gestehe offen, dass ich, in den Liegewagen steigend, auf die erste kühle Nacht seit Wochen hoffte, jedoch vergebens. Die Klimaanlage im Zug war nicht existent, das baufällige Abteil war alt ohne den Reiz des Antiken und kam einer Sauna auf Rädern recht nahe. Ausgezogen hat sich doch niemand, was bemerkenswerte Beherrschung voraussetzte.

Die defekte Tür ratterte in Maschinengewehrsalven durch beste Ohropax der Welt, und zur Lesung für die mir zugeteilte Dead Lady reiste eine halbtote Lady an (fairnesshalber ist festzuhalten, dass die ÖBB mich großzügig getröstet haben). Das Publikum war gnädig, was vielleicht auch an der schlechten Belüftung lag. Der Abend war dann trotzdem heiß im besten Sinne. (Julya Rabinowich, 14.8.2015)