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Ob Frauen sich um die Pille Flibanserin reißen werden, ist noch fraglich.

Foto: AP / Allen G. Breed

So stark: Die Rede von "starken Frauen" ist vielleicht gut gemeint. Ein Rätsel bleibt allerdings, was dann Frauen sind, vor deren Geschlechtsbezeichnung das "stark" weggelassen wurde. "Nicht stark"? Gar "schwach"? Und schwingt "schwach" bei "Frau" womöglich noch so stark mit, dass es ein Extraadjektiv braucht, um diese Konnotation wegzubekommen?

Auch Schauspielstar Meryl Streep ärgert sich über diesen Zusatz, der ihr in ihrer Branche in folgender Variation unterkommt: "Wir brauchen mehr starke Frauenfiguren." Keinem Mann würde man je sagen, "Sie haben so viele starke Männer dargestellt", ärgert sich Streep. Ein Artikel der diesjährigen Locarno Critics Academy nahm dieses Zitat von Streep als Ausgangspunkt für eine lesenswerte Analyse über die Phrase über "Strong Female Character".

Eine starke Filmfigur beziehungsweise Filmcharakter sei eine Person, und eine Person sei immer mehr als ihr Geschlecht, heißt es darin, und es werden auch ein paar Testfragen angeführt, wie erkennbar wird, ob der Aspekt Geschlecht überstrapaziert wird: Würde man das Geschlecht austauschen, würde die Figur noch einen Sinn ergeben? Gibt es Handlungen, die sich nicht auf ihr Frau-Sein beziehen?

Im Philip Noyces Actionfilm "Salt" könnte Angelina Jolie mit nur kleinen Änderungen im Skript zu Tom Cruise werden. Ansonsten gelte allerdings oft: "Männliche Film- Charaktere sind die Standardcharaktere, sie sind einfach nur Charaktere, während Frauen weibliche Charaktere sind."

Unlustige Lustpille: Diese Woche wurde das Medikament Flibanserin in den USA zugelassen, bekannter als "Lustpille für Frauen" oder "Viagra für Frauen". Eines kann schon jetzt gesagt werden: Durchgängige Begeisterung sieht anders aus. Autorin Lea Streisand ist es schon mal unheimlich, dass man, um die weibliche Libido zu steigern, den Weg über die Psyche nehmen muss. "Das neue Medikament ist ein Psychopharmakon, ursprünglich als Antidepressivum entwickelt. Es greift in den Hormonhaushalt ein. Wie die Anti-Baby-Pille. Und muss, wie diese, täglich genommen werden. Täglich!" Und das alles für eine sehr geringe Wirksamkeit.

Laut der US-Arzneimittelbehörde FDA hatten Frauen, die Flibanserin einnahmen, im Schnitt 4,4-mal im Monat befriedigenden Sex. Bei der Vergleichsgruppe, die Placebos bekam, war es 3,7-mal der Fall, vor der Behandlung nur 2,7-mal im Monat.

Eine differenzierte Perspektive auf die Entwicklung der Pille und warum diese eben nicht als "Frauenviagra" durchgeht, kann im Magazin "The Atlantic" nachgelesen werden.

Observierte Frauen- und Mutterkörper: Den Blog der Feministischen Studien beschäftigt die kürzlich vorgelegte Studie (derStandard.at berichtete) über die Nutzung von Schwangerschaftsvorsorge. Die Medikalisierung des Frauenkörpers beginnt früh, auch Mädchen würden schon angehalten werden, regelmäßig zu GynäkologInnen zu gehen, um sich bescheinigen zu lassen, dass "alles normal" sei. Bei Schwangeren gehe es allerdings nicht mehr "nur" um die Körperprozesse von Frauen, die in die Hände von MedizinerInnen gelegt werden sollen, sondern um die von Müttern.

Autorin Katja Sabisch beschreibt in ihrem Beitrag, dass Mutter-Werden und Mutter-Sein nicht nur medizinisch streng reglementiert, sondern mit einer Vielzahl sozialer Erwartungen verknüpft sind, die heute über mehr Kanäle denn je Druck ausüben: "Die Zeiten, als Mutter Beimer geradezu ikonisch den Kochlöffel schwang und Klausi dabei die Nase putzte, sind längst vorbei. Nun sind es auch Stars wie Kate Middleton, Angelina Jolie oder Beyoncé Knowles, die Mütterlichkeit mitunter neu definieren und zeigen, dass wirklich ALLES geht: Die Vereinbarkeit von Schönheit, Karriere, politischem Engagement, Kindern und das gleichzeitige Bekenntnis zum Popfeminismus auf der Bühne sind machbar." (red, 21.8.2015)