Gudrun Kugler-Lang, Listenplatz 18, bringt die ÖVP in Erklärungsnot.

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Wien – "Das ist nicht die Linie der Wiener ÖVP – zumindest aus meiner Sicht", meint die Wiener ÖVP-Nationalrätin Christine Marek über die Positionen Gudrun Kugler-Langs. Marek hatte – wie so viele andere innerhalb der ÖVP – erst jetzt von der Wien-Wahl-Kandidatur der "Lebensschützerin" erfahren; DER STANDARD berichtete mehrfach über deren Ambitionen. "Ich kenne Frau Kugler-Lang nicht persönlich. Ich fürchte, jene, die sie auf die Liste gebracht haben, waren sich vieles nicht bewusst."

Für Marek ist klar: "Ich lehne solche Positionen zutiefst ab und möchte festhalten: Die Wiener ÖVP hat für das Wegweiserecht vor Abtreibungskliniken gestimmt." Ihre Nationalratskollegin Ulrike Baumgartner-Gabitzer sieht das ähnlich: "Ich wusste nichts von dieser Kandidatin und es ist für mich überraschend. Es kommt darauf an, wie sie sich weiter verhält."

Mit Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler wollte Wiens ÖVP-Chef Johannes Hahn knapp vor dem Urnengang am Sonntag auftrumpfen, nun macht die Kandidatin von Listenplatz 18 Schlagzeilen. Unerwarteter Ärger: Dass die Kandidatur Kugler-Langs die Stadtpartei in Erklärungsnot bringt, hatte man offenbar nicht erwartet. Bei der Wiener VP-Spitze ist Schadensbegrenzung angesagt.

"Die Vereinnahmung von Kugler-Lang von radikalen Abtreibungsgegnern wird von der VP Wien nochmals auf das Heftigste zurückgewiesen", versucht VP-Rathausklubchef Matthias Tschirf via Aussendung zu beschwichtigen. Ähnlich äußert sich Spitzenkandidat Johannes Hahn im Gespräch mit dem STANDARD: "Ich würde mir wünschen, dass das einmal respektiert wird. Mehr als distanzieren kann man sich nicht." Ein Ansatz, den auch Frauenministerin Maria Rauch-Kallat (VP) wählt. Für sie ist die Causa obsolet: "Ich akzeptiere und respektiere Kugler-Langs Distanzierung. Damit ist die Sache für mich erledigt."

"Absoluter Schwachsinn"

Wie dieStandard.at berichtete, hat Kugler-Lang am Dienstag von einigen UnterstützerInnen ihres Vorzugsstimmenwahlkampfes Abstand nehmen müssen. Seit Tagen kursieren nämlich Flugblätter, in denen brachial gegen Abtreibung Stimmung gemacht wird – wie auch gegen Homosexualität. Unter dem Titel "Wien darf nicht New Orleans werden" steht: "Hast du gewusst, dass der Hurrikan Katarina (sic) gerade 2 Tage vor dem jährlichen Homosexuellen Festival New Orleans zerstört hat?" Und: "Gebet kann also die ,Sünd'-Flut der Abtreibung, Schwulen-Propaganda und Gefahr der Homo-Ehe etc. aufhalten!"

"Schmierschriften" seien das, meint Abgeordnete Marek. VP-Spitzenkandidat Hahn fällt zu derartigen Flugblättern der Abtreibungsgegner nur eines ein: "Was da steht, ist ein absoluter Schwachsinn." Aber kein Kandidat sei davor gefeit, dass "es überschießende Fanatiker gibt, die sich einer Kandidatin bemächtigen und dann lauter Blödheiten verzapfen". Und zum Thema Abtreibung hält er fest: "Es gibt aber keinen Zweifel, dass wir an der aktuellen rechtlichen Situation festhalten und nichts ändern wollen."

Kugler-Lang selbst sieht sich offenbar als Opfer einer Kampagne. In einem Interview mit Kath.net sagt die 28-jährige Juristin: "Ich bin sehr über die Intoleranz der Grünen und der SPÖ verärgert. Sie erlauben nicht, dass man die Abtreibungsfrage kritisch sieht." Es werde mit der "Fundamentalismuskeule zugeschlagen".

Die Homosexuellen Initiative (Hosi) Wien fordert von der ÖVP, Kugler-Lang von ihrer Kandidatenliste zu nehmen. Grüne und SPÖ laufen seit Bekanntwerden Sturm. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ): "Das ist halt wieder einmal typisch und bezeichnend für die ÖVP: Vorne der Stadtliberale, der sich um Urbanität bemüht – und hintennach kommt dann das." (Peter Mayr, Barbara Tóth, 20.10.2005)