Foto: Knesebeck
Sie geben den Ton an, wie die englische Dirigentin Sian Edwards. Sie setzen Männer schachmatt, wie die Ungarin Judit Polgar, die beste Schachspielerin der Welt. Oder sie fliegen in den Weltraum, wie die französische Astronautin und heutige Forschungsministerin Claudie Haigneré. 48 Europäerinnen aus Politik, Kultur und Wirtschaft porträtiert die deutsche Fotografin und Filmemacherin Bettina Flitner im großformatigen Bildband Frauen mit Visionen.

Die meisten der von Flitner fotografierten Frauen sind über 50, viele weitaus älter. Auch Österreicherinnen sind dabei, etwa Elfriede Jelinek, Marlene Streeruwitz oder Ceija Stoika, und solche, die es einmal waren, wie die Niederländerin Miep Gies, 1909 in Wien als Tochter einer Näherin geboren, dann als Pflegekind nach Holland gekommen und geblieben, wo sie im Zweiten Weltkrieg die Familie Frank versteckte und das Tagebuch der Anne Frank für die Nachwelt rettete.

Ihr, Miep Gies, gilt eine der besonderen Reportagen in diesem Buch, die andere ist Baronessa Cordopatri gewidmet, die von der Mafia verfolgt wird, weil sie den Mörder ihres Bruders hinter Gitter brachte und ohne Leibwächter nicht mehr aus dem Haus geht. Andere Frauen werden durch Kurzbiografien aus der Feder von Alice Schwarzer vorgestellt. Ein schönes, vielschichtiges Buch über einige wenige, die auch für die anderen sprechen. (steg, DER STANDARD, Print, 13./14.5.2006)