Wien - Von "den Muslimen" will Ursula Struppe gar nicht sprechen. Schon allein deshalb hat die Leiterin der Abteilung für Integration im Wiener Magistrat Zweifel an der Studie des Innenministeriums, in der Integration von MuslimInnen angezweifelt wird: "Ich kenne die Studie nicht, halte das aber für problematisch, wenn bestimmte Migrantengruppen extra herausgegriffen werden." Genau davor warne auch ein Handbuch der EU-Kommission zur Integration.

Abgesehen davon ist für Struppe Integration nicht nur eine Bringschuld von MigrantInnen: "Wenn Menschen, die schon lange in Österreich leben, das Gefühl bekommen, dass es besser wäre, sie wären nicht da, dann fördert das den Rückzug. In Österreich wurden die Hürden für die Staatsbürgerschaft ständig erhöht - das bleibt nicht ohne Folgen. Da müssen aber beide Seiten daran arbeiten."

Prinzipiell ist die Bereitschaft, die Staatsbürgerschaft anzunehmen, ein Parameter, an dem die Integrationsbereitschaft gemessen werden kann. Ein anderes Kriterium ist laut Struppe das Bildungsniveau. Gerade das sei unter den in Wien lebenden MuslimInnen sehr unterschiedlich: "Iranische Zuwanderer sind hoch gebildet. Bei Migranten aus der Türkei hingegen ist die Bildungsbereitschaft gering. Das liegt auch daran, dass Zuwanderung aus der Türkei aus solchen ländlichen Regionen erfolgte, wo fünf Jahre Schule der Standard waren."

Geringes Bildungsniveau zieht eine Reihe von weiteren Nachteilen nach sich: geringere Bezahlung, höheres Risiko auf Arbeitslosigkeit. Andererseits garantiert Bildung auch nicht Aufstieg: Laut einer Studie des Zentrums für Soziale Innovation sind 44 Prozent der MigrantInnen in Österreich für ihre Jobs überqualifiziert.

Integration durch Job

Generell ist die Teilnahme am Arbeitsmarkt auch ein international anerkanntes Integrationskriterium. Und dabei ist für Struppe schon eines klar: "Die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Migrationshintergrund ist niedriger. Damit geht natürlich auch Isolation einher. Auch deshalb sind Frauen ein massiver Schwerpunkt bei unseren Sprachkursen."

Wobei Struppe darauf setzt, Frauen zu erreichen, die länger in Österreich leben - aber in einer Parallelwelt, in der sie nicht Deutsch lernen und nicht von selbst in Sprachkurse gehen. Daher fahren Mitarbeiter vormittags, wenn Frauen in Moscheen sind, dorthin und bieten Sprach-und Alphabetisierungskurse an. Oder versuchen, die Frauen in Schulen und Kindergärten, wenn sie ihre Kinder hinbringen, zu erreichen.

Ob Struppe eine Diskussion über Integrationsbereitschaft prinzipiell für notwendig hält? - "Das Thema Integration verdient viel größere Aufmerksamkeit." Andererseits will sie auch nicht dramatisieren: "Ich sehe Handlungsbedarf - aber keine unmittelbare Gefahr." (DER STANDARD, Printausgabe 17.05.2006)