Schickalsverbunden
LeserInnen, die mit "Karneval der Toten" erstmals in die Welt des attraktiven und ebenso intelligenten wie charmanten Polizeibeamten treten, haben vermutlich rasch das Gefühl, in so etwas wie eine Familie zu stoßen. Natürlich keine konventionelle, denn verwandt ist hier niemand miteinander, eher schicksalsverbunden. Jury selbst wuchs als Vollwaise bei einem Onkel auf, mit einer Cousine als Gefährtin. Gleich zu Beginn des neuen Romans, quasi als Draufgabe zum ersten Mord auf den ersten Seiten, erfährt er vom Tod jener Cousine.
Überbringer der traurigen Nachricht ist Wiggins, treuer Gefährte Jurys und stets mit einer Tasse Tee zur Stelle, wenn es irgendwie ungemütlich zu werden droht. Und die hat Jury diesmal bitter nötig, denn die Botschaft vom Ableben der letzten Verwandten folgt unmittelbar auf den Mord an einem kleinen Mädchen, keine sechs Jahre alt. Sie ist nicht identifizierbar, und erst nachdem eine zweite, diesmal erwachsene Leiche auf einem Gut namens "Angel Gate" in Cornwall aufgetaucht ist, kommen die Ermittlungen so richtig ins Laufen.
Schwer zu überführender Kinderschänderring
Zu Hilfe eilt wie in früheren Fällen ein Freund Jurys, Melrose Plant, der Achte Earl von Caverness und Zwölfte Viscount Ardry, der jedoch gern tiefstapelt und seinen Titel verschweigt. Diesmal ist er als Experte für verschmockte Cloisonne-Gartenbeete gefragt, der sich auf Angel Gate ein wenig umsehen soll.
Der Fall scheint lange vertrackt, und einige epische Längen, in denen Jury gar viel über die Unzulänglichkeiten des Daseins sinniert, erstrecken sich so auch über manche Seiten des Buches. Dabei hat Jury es tatsächlich eilig, diesen Fall zu lösen. Denn es geht um das Leben einiger kleiner Mädchen, die eingesperrt in einem Haus, das ein raffinierter und schwer zu überführender Kinderschänderring betreibt, ein entsetzliches Leben führen müssen.
Gehörige Leistung
Solche widerlichen Verbrecher dingfest zu machen, schien auch Autorin Grimes vordringlich, denn erst danach entfaltet sich der Plot, als Jury während einer Zugfahrt ein fremdes Kind beobachtet und dabei einen die Ermittlungen betreffenden Gedankenblitz erfährt. Am Ende geht es wieder ins Stamm-Pub "Jack and Hammer", wo Jury seine Freunde und andere aus Jury-Romanen bekannte Personen trifft. Übrigens nennt Grimes alle Bücher der Reihe in den englischen Originalausgaben nach real existierenden Pubs. Dieser etwa heißt "Winds of Change".
"Die seltsamen Namen von Pubs können tatsächlich den Dreh- und Angelpunkt einer Geschichte bilden, weil sie so viel von der Atmosphäre vermitteln", meinte Grimes in einem Essay.