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Abbildung moderner Spiralen
Foto: Archiv
Das Prinzip der Verhütung mit Fremdkörpern in der Gebärmutter führt bis zu Hippokrates zurück, der die Anwendung von intrauterinen "Gegenständen" zur Kontrazeption beim Menschen in den "Frauenkrankheiten" beschrieben hat. Dieser Art der verhütenden Wirkung sei tatsächlich die Entwicklung der Spirale zu verdanken, schreibt das Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch in seinem Newsletter.

"Bereits 1890/1900 diskutierten Ärzte darüber, dass Frauen mit Polypen in der Gebärmutter kaum schwanger wurden. Doch schien Ärzten die Schwangerschaftsverhütung bei gesunden Frauen lange Jahre unethisch und un-ärztlich. Zwar bekamen kranke, körperlich schwache Frauen den medizinischen Rat, möglichst nicht schwanger zu werden, doch wie sie das anstellen sollten, wurde ihnen nicht gesagt. In diesem Vakuum wurden Drogisten, Friseure, reisende Händler etc. tätig und verkauften allerhand Hilfsmittel".

Geflochtene Seidenfäden

Im Jahr 1909 machte Dr. Richard Richter aus Schlesien auf die soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit für die Begrenzung der Kinderzahl aufmerksam: "Wer das Leben kennt, wie es sich bietet, weiß, daß Hunderte von Familienmüttern ihrer Gesundheit und ihrem Lebensglück fast alljährlich Opfer bringen, die schwer zu verantworten sind ... Im Lichte der Zahlen, die ich einmal aufgenommen habe, stellen aber die Verdienste als unnütze Opfer sich dar, wenn mehr als die Hälfte aller rechtzeitig geborenen Kinder, ungerechnet die Aborte, frühzeitig stirbt. In solchen Fällen ist die willkürliche Beschränkung der Nachkommenschaft eine gesundheitliche und sittliche Forderung...".

Richter entwickelte daraufhin die Einlegung von geflochtenen Seidenfäden in die Gebärmutter. Die Fäden waren an den Enden verknotet und zur Vermeidung von Reizungen mit Zelluloid überzogen. Zur Erleichterung der späteren Entfernung waren sie mit feinem Aluminium-Bronzedraht zusammengehalten.

Glasknopf mit Seidenfäden

Walter Pust, Leitender Arzt der Frauenklinik Jena, stellte im Jahre 1920 einen anderen "brauchbaren Frauenschutz" vor, der aus einem Glasknopf, einem "Hals" aus 30 Wicklungen von Seidenfäden sowie einer Schleife daraus bestand. Er behinderte die Periode nicht und war alle drei bis vier Monate auszutauschen. 1923 waren in Deutschland davon bereits 23.000 Stück in Gebrauch. "Angesichts dieser hohen Zahl ist anzunehmen, dass es sich nicht ausschließlich um kranke und gebärunfähige Frauen handelte", mutmaßen die MitarbeiterInnen des Museums für Verhütung. Dennoch stellte Pust diese in den Mittelpunkt: "Solange die Verhütung einer Schwangerschaft bei kranken und gebärunfähigen Frauen zum Pflichtenkreise des Arztes gehört, so lange ist es auch eine ärztliche Aufgabe, an der Ausarbeitung und Erprobung dieser Methode mitzuwirken".

Die Wirkungsweise seiner Entwicklung dachte sich Pust folgendermaßen: "Der Glasknopf lenkt die Spermatozoen von dem alkalischen Schleimpropf ab und setzt sie der Wirkung des sauren Scheidensekrets so lange aus, dass nur sehr wenige die Innenseite erreichen. Im Zervixkanal müssen diese, nachdem sie bereits in ihrer Vitalität geschwächt sind, die 30 Querwicklungen überwinden. Gelangen sie dennoch bis in die Uterushöhle, so unterliegen sie hier der Adhäsionswirkung der klebrigen, gequollenen Seidenfäden, sodass eine Vereinigung mit dem Ei ausgeschlossen erscheint". Diese ersten Versuche hatten den Nachteil, als Infektionsbrücke zwischen Gebärmutter und Vagina zu fungieren. Außerdem waren sie zu groß, so dass es oft zur Ausstoßung kam.

Spiralringe

Der Deutsche Ernst Gräfenberg und der japanische Arzt Tenrei Ota waren ebenso maßgeblich an der Entwicklung des Intrauterinpessars beteiligt. Der durch die Entdeckung des weiblichen G-Punktes populär gewordene Gräfenberg berichtete bereits 1928 über seine Erfolge mit Spiralringen (deshalb "Spirale") aus Seidenfaden, dem noch nicht gesponnenen Spinnprodukt der Seidenraupe bei 480 Frauen. In 150 weiteren Fällen kam ein spiralenartiger Ring aus Silberdraht zur Anwendung. Die Bilanz war großartig: Weniger als ein Prozent der Frauen wurde schwanger. Heute wissen wir, was Gräfenberg nicht wusste: Sein Metall wies einen hohen Kupferanteil auf. Kupfer macht die Spermien befruchtungsunfähig und hat so zur hohen Wirksamkeit von Gräfenbergs Intrauterinpessaren beigetragen. Doch es gab ein anderes Problem: Der "Gräfenberg-Ring" war nur sehr schwer wieder zu entfernen. achdem die nationalsozialistischen Machthaber an Verhütung gar kein Interesse hatten, war Gräfenberg gezwungen, seine Testreihen wieder abzubrechen und konnte 1940 mit knapper Not in die USA emigrieren.

Doch glücklicherweise überlebte der Gräfenberg-Ring in Japan. Tenrei Ota verwendete Gold und Silber und fügte eine starre Mittelscheibe in den Ring, um die Ausstoßung zu verhindern. Ota-Ringe und Gräfenberg-Ringe sind im Fernen Osten immer noch mit Erfolg in Gebrauch.

Plastik-Spirale

Der nächste wesentliche Entwicklungsschritt kam aus den USA: Der New Yorker Gynäkologe Lazar Margulies entwickelte 1958 erstmals eine biegsame Plastik-Spirale. Diese Form hatte letztlich aber keine besonderen Vorteile. Doch auch sie könnte Namensgeberin für die "Spirale" gewesen sein.

Erst seit 1964 ist der Rückholfaden in Gebrauch. Jack Lippes knotete ihn an seinen "Lippes' Loop", die am meisten angewendete reine Plastikspirale, bevor die Vorteile von Kupfer bekannt waren. 1969 entdeckte dann der Chilene Jaime Zipper die Wirkung von Kupfer: Die fortlaufende Freisetzung von Kupferionen macht die Spermazellen befruchtungsunfähig. Deshalb ist mit den so genannten "Kupferspiralen" auch die Rate der Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutterhöhle (extrauterine Schwangerschaften, Eileiterschwangerschaften) sehr gering. Die Spiralen ohne Kupfer wirkten lediglich als Fremdkörper und verhinderten die Einnistung einer befruchteten Eizelle. Das Hinzufügen von Kupfer macht die Spiralen wirksamer und schützt zusätzlich vor Eileiterschwangerschaften.

Dalkon Shield

Eine ungenügend untersuchte und vorschnell auf den Markt gebrachte Spirale wurde Anfang der 1970er-Jahre vielen Frauen in den USA zum Verhängnis. Denn das "Dalkon Shield" war erstens wenig wriksam und zweitens aufgrund seiner Größe schwer zu entfernen. Im Falle einer Schwangerschaft wurde die Spirale mit dem Faden und den darauf wachsenden Bakterien in die Gebärmutter hinaufgezogen. Das unzureichend getestete schildförmige Pessar führte zu Fehlgeburten und schweren Eileiterentzündungen und wurde sehr schnell vom Markt genommen.

Moderne Spiralen

Heute sind Spiralen weltweit die zweithäufigste Verhütungsmethode nach der Sterilisierung: rund 160 Millionen Frauen verwenden sie, vor allem in China, weil sie hohe Sicherheit (geringe Schwangerschaftsrate und geringe Ausstoßungsrate), lange Anwendungsdauer und geringe Kosten vereinen. Seit mehr als zwanzig Jahren werden nur noch die modernen Spiralen angewendet, die mit einem feinen Kupferfaden umwickelt sind. "Leider hält sich immer noch die falsche Auffassung", bedauern die MitarbeiterInnen des Verhütungsmuseums, "dass Spiralen die Einnistung einer befruchteten Eizelle verhindern; das traf lediglich auf die reinen Plastikspiralen zu, die längst von den modernen Spiralen abgelöst wurden". (Quelle: Newsletter des Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch/red)