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Ingela Bruner folgt als BOKU-Rektorin Hubert Dürrstein nach.
Foto: APA/Fohringer
Wien - Die ehemalige Vizepräsidentin der Donau-Uni Krems und Ex-OMV-Forschungsleiterin Ingela Bruner (54) ist am Dienstag vom Uni-Rat an der Universität für Bodenkultur (Boku) als erste Frau zur Rektorin einer staatlichen Universität gewählt worden. Sie tritt ihr Amt am 1. Oktober an und folgt in dieser Funktion auf Hubert Dürrstein, der vom Senat nicht mehr nominiert worden war. Die Privat-Unis waren etwas schneller und haben bereits Frauen in ihren Führungsetagen installiert.

"Es ist mir ein großes Anliegen, dass bald weitere Rektorinnen folgen werden", sagte Ingela Bruner zu ihrer Wahl. Die Zeit bis zum 1. Oktober will sie "intensiv nutzen". Sie wolle ihre volle Energie in die Vorbereitung stecken sowie die Monate nutzen, "den Menschen an der Boku zuzuhören". Der Universität dankte Bruner für den "Willen zur Veränderung". Auch dem scheidenden Rektor Hubert Dürrstein sprach die 54-Jährige speziellen Dank für die "nicht selbstverständliche" Fairness aus.

Arbeitsschwerpunkte

"Eines meiner großen Hauptanliegen werden die Studentinnen und Studenten sein", so Bruner. Ihnen hätte sie auch viel Zeit in ihrem Hearing im Zuge der Bewerbung zur Rektorin gewidmet. Den Studierenden will die künftige Rektorin bestmögliche Rahmenbedingungen schaffen sowie "Talente erkennen und fördern". Bruner verriet bereits, dass sie die Bereiche Studenten und Lehre "als Agenda des Rektors" behalten wollte.

Künftig will Bruner der Boku "im strategischen Sinn" vorstehen sowie einen partizipativen und damit offenen Führungsstil pflegen. Nach Außen wolle sie die "Anwältin der Boku" sein und sich auch universitätspolitischen Fragen widmen sowie am Diskus teilnehmen.

Hahn optimistisch

"Wir sind am Weg zu einer gewissen Normalität in Sachen Verteilung zwischen Männer und Frauen", gab sich Wissenschaftsminister Hahn angesichts der Wahl optimistisch. Der formale Umstand, dass nun die erste Frau zu einer Uni-Chefin gewählt worden sei, freue ihn sehr, letztendlich zähle allerdings die Qualität der Kandidatinnen und Kandidaten. Zufrieden gab sich der Wissenschaftsminister auch mit dem Umstand, dass die verschiedenen Organe an der Universität für Bodenkultur (Boku) ihre Probleme nun doch selbst lösen konnten.

Auseinandersetzungen im Vorfeld

Der Wahl Ingela Bruners waren heftige Turbulenzen an der Boku vorangegangen. Erst Mitte Mai hatte der Uni-Rat einen Dreiervorschlag des Senats für die Rektorswahl zurückgewiesen, an dessen erster Stelle Bruner gestanden hatte. Begründung: Nicht alle drei Kandidatinnen und Kandidaten würden die nötigen gesetzlichen Voraussetzungen für das Rektorenamt erfüllen.

In der Folge kam es zu wechselseitigen Vorwürfen zwischen Senat und Uni-Rats-Mitgliedern. Der Senat warf dem Uni-Rat vor, gesetzwidrig gehandelt zu haben, zwei Uni-Rats-Mitglieder kritisierten, dass es dem Senat nur um die Verhinderung der Wiederwahl des amtierenden Rektors Hubert Dürrstein gegangen sei. Erst nach einer Aussprache zwischen Senat und Uni-Rat sowie dem Rücktritt der beiden heftigsten Kritiker im Uni-Rat war der Weg für Bruner frei.

Diesmal beschloss der Rat, sich auf die wieder erstgereihte Bruner "zu konzentrieren" - und damit auch ein Stück weit Geschichte zu "wählen".

>>> Biografie und Reaktionen

Ex-Forschungs-Leiterin der OMV

Die berühmt-berüchtigten frauen-karrierefeindlichen gläsernen Decken durchstoßen hat Ingela Bruner (54) bereits mehrmals. Als erste Frau in Österreich schloss sie im Fachbereich Maschinenbau ihr Doktoratstudium ab. An der Donau-Universität Krems führte sie als Vizepräsidentin nach dem Ausscheiden des Präsidenten als erste Frau in Österreich eine Uni. Mit der anschließenden Leitung des Forschungsbereichs der OMV fand sie auch einen nicht gerade Frauen-typischen Beruf. Am Dienstag ist sie an der Universität für Bodenkultur (Boku) zur erste Rektorin Österreichs gewählt worden.

Bruner wurde am 12. August 1952 in Kristianstad (Schweden) als Tochter eines kanadischen UNO-Beamten und einer Schwedin geboren. Kindheit und Schuljahre verbrachte sie durch den Beruf ihres Vaters in Syrien, Libanon, Frankreich, Indien und Österreich. Nach Abschluss des Lycee Francais in Wien studierte sie an der Universität von Toronto (Kanada) sowie an der Technischen Universität (TU) Wien Maschinenbau, das sie 1979 als erste Frau in Österreich im Fachbereich Maschinenbau mit dem Doktorat abschloss.

Anschließend war Bruner, die die österreichische und kanadische Staatsbürgerschaft besitzt, als Assistentin am Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrwesen der TU Wien tätig und wechselte 1980 in die Privatwirtschaft. In der OMV war sie u.a. für Unternehmensplanung im Bereich Energiepolitik und als Assistentin von Vorstandsdirektor Richard Schenz tätig und für Unternehmensentwicklung und strategisches Controlling verantwortlich.

Freiberufliche Expertin

1995 wurde sie Vizepräsidentin der neu eröffneten Donau-Uni (DU) und führte nach dem Ausscheiden des damaligen Präsidenten und der zweiten Vizepräsidentin ab 1996 die DU alleine. 1999 ging Bruner zurück zur OMV, wo sie bis 2002 Leiterin des Forschungsbereichs wurde. Nach Reorganisation dieses Bereichs schied sie aus der OMV aus und ist seither als freiberufliche Expertin für Forschungsförderung und Uni-Management tätig. Zudem ist sie Vorsitzende des Salzburger Wissenschafts- und Forschungsrats, Universitätsrätin an der Veterinärmedizinischen Universität Wien und Senatsmitglied der Christian Doppler-Gesellschaft.

2003 war sie schon einmal knapp daran, zur Rektorin der TU Wien zu werden: Der TU-Senat nominierte sie in einem Zweier-Vorschlag für diesen Posten. Bei der Wahl unterlag sie allerdings ihrem Konkurrenten, dem langjährigen Rektor Peter Skalicky.

Wegbereiterin der neuen Uni-Organisation

Bruner, die verheiratet ist und eine erwachsene Tochter hat, gilt als Verfechterin einer partizipativen Führung, die auf die Mitwirkung ihrer Mitarbeiter bei Entscheidungsprozessen Wert legt. An der Donau-Uni war sie eine Wegbereiterin der neuen Universitätsorganisation. Sie selbst hat übrigens die oft kritisierten gläsernen Decken, die Frauen bei einer akademischen Karriere behindern, nie so wahrgenommen, sondern eher als "ein Anstehen vor der Tür empfunden". Diese hat sich nun nach langer Zeit geöffnet.

Frauen stellen in Österreich zwar die Mehrheit der Studierenden und AbsolventInnen, schon beim wissenschaftlichen Personal zeigt sich aber ein klarer Männerüberhang. 86 Prozent der ProfessorInnen und zwei Drittel aller AssistentInnen bzw. des sonstigen wissenschaftlichen Personals sind Männer.

>>> Reaktionen

Zahlreiche PolitikerInnen begrüßten Bruners Wahl: Frauenministerin Doris Bures zeigte sich sehr erfreut und erinnerte wie viele andere PolitikerInnen daran, dass es nun darum gehe, "die gläserne Decke zu durchdringen und auch Spitzenpositionen an den Universitäten zu erobern". Ähnlich die Klubchefin der Grünen Wien, Maria Vassilakou, SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal, die Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger, Wiens Wissenschaftsstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, SPÖ-Frauen- und Gleichbehandlungssprecherin Gabriele Heinisch-Hosek und ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek, die (ebenso wie die anderen, Anm.) hoffe, dass dies "vielen Frauen Mut und Kraft, an der Idee der gleichberechtigten Chancen festzuhalten" - möglichst bald sollten andere Frauen an die Spitzen der Unis nachfolgen, so Brinek.

Christa Pölzlbauer, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings, erklärte: "Wir sind in der Gegenwart angekommen. Die erste Rektorin an den Österreichs Universitäten wurde heute gewählt und andere werden folgen!" Gleichzeitig wies sie darauf hin, wie "beschämend" es sei, "wie lange Österreich auf eine weibliche Universitätsleitung hat warten müssen. Die mageren 14 Prozent Frauenanteil bei den ProfessorInnen mussten eine gläserne Decke aus Panzerglas durchbrechen. Es ist höchst an der Zeit die Entscheidungsgremien der Universitäten der gesellschaftlichen Realität anzupassen."

ÖH Boku begrüßt Entscheidung

Die ÖH-Boku begrüßte, dass Ingela Bruner als erste Frau in Österreich zur Rektorin gewählt wurde. "Gleichzeitig hoffen wir, dass die neue Rektorin das Versprechen wahr macht und der Stimme der Studierenden ein hohes Gewicht zuspricht und auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der ÖH wert legt", so der Vorsitzende der ÖH-Boku Thomas Neudorfer. Er bedauere die Umstände im Vorfeld und während der Wahl. Umso erfreulicher sei es, dass es nun zu einer Entscheidung gekommen sei.

"Wir wünschen uns, dass die jetzt anstehenden Verhandlungen zwischen der angehenden Rektorin und Unirat rasch von statten gehen. Nur so kann eine gute und konstruktive Zusammenarbeit zwischen der ÖH-Boku und dem Rektorat für die Zukunft sichergestellt werden", sagte Maria Mursch, erste stellvertretende Vorsitzende der ÖH-Boku. Mit Spannung erwarten wir die Vorschläge der zukünftigen VizerektorInnen. Die ÖH-Boku hofft auf ein engagiertes und motiviertes RektorInnenteam, welches sich für die Interessen der Studierenden einsetzt." (APA/red)