Dass der schwarze Wirtschaftsminister Martin Bartenstein auch die Agenden des früheren roten Sozialministers zugeschlagen bekam, war der erste Aufreger in Zusammenhang mit dem heimischen Arbeitsmarkt. Viele andere folgten, attestieren Lydia Ninz und Monika Bachhofer . Wien - Der erste "Sager" der schwarz-blauen Regierung zum Thema Arbeitsmarkt war gleich ein spektakulärer. Es ging um die Einführung eines "BürgerInnengeldes". Sprich: Für einen Aufschlag von 20 Prozent auf die Notstandshilfe sollten Langzeitarbeitslose arbeiten müssen. "Zwangsarbeit" nannten das die KritikerInnen. Worauf der zuständige VP-Minister Martin Bartenstein die Idee fallen ließ: Aus dem "BürgerInnengeld" wurde das halbjährige Jobprogramm "Integra". Die Kritik am Wirtschaftsminister war damit aber nicht vom Tisch. Ihm, der in Personalunion auch die Aufgaben eines Sozialministers zugeschlagen bekam, trauten viele nicht zu, auch ArbeitnehmerInnenrechte zu verteidigen. Besonders manifest wird dies etwa immer dann, wenn wieder einmal um die Zahl der Saisonniers, also der Billigarbeitskräfte aus dem Nicht-EU-Raum, gestritten wird. Aktuellen Stunk gab es da vor kurzem durch die Aufstockung des Tourismuskontingents für den Winter auf fast 7000 und damit auf das Doppelte des Vorjahres. Was den Unternehmen entgegenkommt, bringt die Gewerkschaft auf die Palme. Sie stoßen Bartenstein auf seinen eigenen Integrationserlass, der festlegt, dass bereits im Lande lebende In- und AusländerInnen bei solchen Jobs vorrangig zum Zug kommen sollen. Minimalvariante Im Tauziehen um mehr ausländische IT-ExpertInnen konnten die VP-Vertreter die UnternehmerInnenwünsche freilich nicht im gewünschten Ausmaß durchsetzten. Das Njet der Blauen zu jeglicher Erhöhung des Zuzugs brachte nur eine Minimalvariante: Statt der 2000 ComputerspezialistInnen, die Innenminister Ernst Strasser ins Land holen wollte, dürfen dies nun nur 1613 Führungskräfte und IT-SpezialistInnen. Am Arbeitsmarkt selbst gab es konjunkturellen Rückenwind. Die Beschäftigtenzahl stieg. Die Arbeitslosigkeit sank auf 5,8 Prozent - die geringste Quote seit acht Jahren. Die Kassa der Arbeitslosenversicherung wurde prall. Statt, wie eigentlich versprochen, Lohnnebenkosten oder die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken, opferte Schwarz-Blau aber alle Überschüsse dem Fetisch "Nulldefizit". Nach einer "Schrecksekunde" von einigen Monaten wehrte sich dann die Arbeiterkammer: So viel Beitragsgeld für einen anderen Zweck abzuzweigen verstoße gegen das Gleichheitsprinzip. Die Regierung kassierte nämlich nicht nur die Überschüsse, sondern sorgte auch dafür, dass - trotz voller Kassa - die Arbeitslosen weniger Geld bekamen: So wurden die Notstandshilfe und die Familienzuschläge für Kinder gekürzt. Dass SozialexpertInnen der Regierung bescheinigt hatten, dass die Arbeitslosenversicherung gerade den Ärmeren zugute kommt und "sozial treffsicher" ist, hielt Schwarz-Blau nicht davon ab, auch diese Einsparungen als "soziale Treffsicherheit" zu verkaufen. Erleichtert wurde hingegen die Altersteilzeit. Das Altersteilzeitgeld kann nun sechseinhalb (bisher fünf Jahre) bezogen werden. Die Arbeitszeit kann flexibel auf 60 bis 40 Prozent (statt fixer 50 Prozent) verringert werden. Die bisherigen Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Karenz wurde Müttern aber glatt gestrichen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 9.2.2001)