Die Yoni ist DAS Symbol weiblicher Macht. "Richtige" Feministinnen begrüßen einander, indem sie mit beiden Händen eine abstrakte Yoni formen, sozusagen als Demonstration gegen das phallische Patriarchat. Das Yoni-Symbol gibt die Form des äußeren weiblichen Genitals wieder. Bis in die Antike hinein wurde die Yoni als Sitz weiblicher Sexualkraft verehrt, welche als Quelle allen schöpferischen Schaffens verstanden wurde; als Urquelle und Beginn der Welt. Mit dem Aufstreben des jüdisch-christlichen Patriarchats kam sie in Verruf und wurde als obszön dämonisiert.

Yoni als Beginn der Welt

Eine präherstorische Schöpfungsmythe verdeutlicht diese Auffassung: Eine Paradiesinsel namens Jambu hatte die Form einer Yoni, auf der sich zum einen der lebensspendende Apfelbaum (vgl. biblische Paradiesgeschichte) und zum anderen der Diamantsitz in Form einer kosmischen Klitoris befinden, in der sich – so der Mythos – das Schöpferinnentum der Göttin konzentrierte. Laut Barbara Walker sahen auch die tantristischen Hindus den weiblichen Orgasmus als das kraftspendende Prinzip des Universums.

Aneignung weiblicher Macht

Auf der ganzen Welt ist die Fischblase Synonym für Yoni und Vulva. Ihre religiöse Symbolik bezieht sie aus der schöpferischen Kraft des Weiblichen. Ihr Muttergeist – so die Auffassung – gebar den Kosmos und alle GöttInnen. Daraus erklärt sich auch die in der Antike herrschende Vorstellung, Männer könnten einerseits durch Fischessen und andererseits durch Mandala-Meditation (das Yoni-Yantra ist ein Meditationsbild, das das weibliche Genitale darstellt mit dem Sinngehalt von Geburt, Mütterlichkeit, Zyklus...) Kontakt mit dem Magischen des weiblichen Körpers bekommen.

Freitagsfisch

Noch heute wird der christliche Brauch des freitäglichen Fischessens praktiziert. Darüber hinaus ist der Freitag nach der Göttin Freya benannt und der Tag der Venus. Ein altes Sprichwort sagt außerdem: Das Essen von Fisch habe aphrodisierende Wirkung.

Renaissance-Malern dürfte die Assoziation von Fischblase und Schöpfung/Macht noch geläufig gewesen sein: Die Himmelfahrt Jesu wurde auf einer Wolke in Fischform dargestellt, wobei sein Kopf verschluckt und nur die Beine sichtbar sind, als handele es sich um eine Geburt.

Barbara Walker weist darauf hin, dass der Gott Indra auf dem ganzen Körper mit Yoni-Emblemen bemalt war, um zu zeigen, dass er die Kraft der Fruchtbarkeit von der Göttin übernommen hat. Später wurden sie zu Augen und er bekam den Namen "Tausendäugiger" so wie der griechische Gott Argus.

Yoni und Lingam

Das Gegenstück zur Yoni ist der Lingam (Phallus); beide werden in Indien heute noch als Kultobjekte verehrt. Als Überbleibsel von Fruchtbarkeitskulten sind uns geschlechtsspezifische Gebäckformen bis heute erhalten geblieben. "So geben wir dem 'Brötchen' den Einschnitt des weiblichen Genitales und formen die 'Hörnchen' ... nach dem männlichen Glied", schreibt Meier-Seethaler. Unsere österreichischen Lang- oder Steirerinnen-Semmeln und Salzstangerl zeugen davon. (dabu)