Foto: dieStandard.at/Tombor

"Was in der Diskussion sonst zu kurz kommt, ist, dass in der Sexualität bekanntlich zwei Menschen involviert sind, aber nur einer die Kontrolle über die Fruchtbarkeit haben kann. Und derzeit ist das fast ausschließlich die Frau", sagt Gynmed-Leiter Fiala.

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Museum fuer Verhuetung und Schwangerschaftsabbruch/Postkarte

Neben biologischen Hürden ortet Fiala vor allem psychologische seitens der Frauen: Denn Verhütung meint auch immer Kontrolle mit. Und werden diejenigen, die vorrangig die Konsequenzen tragen müssen, diese überhaupt aus der Hand geben wollen?

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Zur Pille und anderen Verhütungsmethoden für die Frau wurde viel geforscht und geschrieben, auch an dieser Stelle. Zeit also, einen Blick auf die Rolle der Männer bei der Verhütung zu werfen. Birgit Tombor hat für dieStandard.at mit dem Leiter von Gynmed - Ambulatorium für Schwangerschaftsabbruch und Familienplanung, Christian Fiala, über den momentanen Stand der Dinge in Sachen männlicher Verhütung, ein künftiges Kann und eventuelles Soll gesprochen - und ist dabei auf inhärente Spannungs- und Machtpotenziale, aber auch entlastende Umstände für beide Geschlechter gestoßen. Teil Zwei des sommerlichen Verhütung-Spezials.

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dieStandard.at: Wie sieht männliche Verhütung derzeit aus?
Fiala: Die Vasektomie (Sterilisation beim Mann) ist neben dem Kondom die einzige Methode, wie Männer ihre Fruchtbarkeit kontrollieren können. Ansonsten sind Männer immer angewiesen auf die Verhütung der Partnerin. Ausgeliefert auch.

Vasektomien bieten wir im Gynmed an. Sterilisationen sind auch eine ganz wichtige und gute Methode, aber man muss betonen, dass das als endgültige Entscheidung gesehen werden sollte, außer, der Mann lässt vorher Spermien einfrieren. Es gibt zwar Methoden, sie rückgängig zu machen, aber die sind häufig nicht erfolgreich. Ich kann nur dringend davon abraten, sich auf eine Rückoperation zu verlassen. Man sollte das für sich klarmachen, der/diejenige, der/die eine Sterilisation vornehmen lässt, will für den Rest seines/ihres Lebens die Familienplanung abschließen.

dieStandard.at: Die Hoffnung auf die Pille für den Mann ist begraben?
Fiala: Das wird sicher nie begraben werden, das wird sicher ein Mega-Kassenschlager. Überhaupt kein Zweifel. Weil Männer auch ein großes Bedürfnis haben, ihre Fruchtbarkeit zu kontrollieren. Und darunter leiden, dass es derzeit nur so wenige Möglichkeiten gibt. Die Umfragen zeigen eindeutig, dass Männer sehr rasch zu so einer Methode greifen würden, wenn sie nur verfügbar wäre.

"Pille für den Mann wird nie auf den Markt kommen"

Was in der Diskussion sonst zu kurz kommt, ist, dass in der Sexualität bekanntlich zwei Menschen involviert sind, aber nur einer die Kontrolle über die Fruchtbarkeit haben kann. Und derzeit ist das fast ausschließlich die Frau. Dafür gibt es auch gute, objektive Gründe: weil sie schwanger wird beim Versagen der Verhütung. Es wird eine interessante gesellschaftspolitische Diskussion auslösen, wenn es einmal eine solche Methode für den Mann gibt. Weil Frauen dem ausgeliefert sein werden. Bis auf Ausnahmefälle wird das heute noch nicht so thematisiert, aber wir haben Fälle, wo Frauen zu uns kommen, weil sie Partner haben, die gesagt haben, sie seien sterilisiert - und die Frauen dann zum Schwangerschaftsabbruch kommen. Die Frau hat keine Möglichkeit, das zu überprüfen. Sie kann der Aussage nur glauben oder auch nicht.

Die Kontrollfunktion ist untrennbar verbunden mit der Verhütung. Deswegen wird wahrscheinlich eine Pille für den Mann nie auf den Markt kommen. Aber nicht, weil die Männer das nicht wollten, sondern weil es kaum Frauen geben wird, die sich darauf verlassen, dass ihr Mann verlässlich jeden Tag die Pille nimmt.

Und wir wissen, dass Zweierbeziehungen nicht immer ganz harmonisch sind, und es Phasen gibt, wo der Kinderwunsch ambivalent und nicht gleich verteilt ist. Und man kann sich die Beziehungsdynamik relativ gut vorstellen, wenn die Frau keinen Kinderwunsch hat, der Mann aber sehrwohl, und er sagt, er nimmt die Pille, und die Frau dennoch schwanger wird. Man kann davon ausgehen, dass die Pille für den Mann für die Frauen nicht akzeptabel sein wird. Weil die Kontrolle fehlt, geht die Forschung in Richtung von Langzeitmethoden, die nicht abhängig sind von der Einnahme. Zum Beispiel ein Stäbchen, ein Implantat wie man es aus der weiblichen Verhütungspraxis kennt, und für einige Jahre wirkt. Oder die Drei-Monats-Spritze, wo frau sich auch sicher sein kann. Ich bin sicher, dass das kommen wird. Und dass das sehr erfolgreich sein wird.

"Im Interesse aller Männer"

dieStandard.at: Wo setzen solche Präparate denn an? An der Unbeweglichkeitmachung der Spermien?
Fiala: Das Problem ist, dass es objektive biologische Hürden gibt, die es zu überwinden gilt. Bei der Frau muss ein Eisprung im Monat verhindert werden, beim Mann muss die Verhütung die Produktion von Hundert Millionen Spermien pro Tag unterbinden. Und wir wissen, es genügt ein Spermium zur Befruchtung. Diese Relation zeigt grob die biologischen Probleme. Die Forschung will die Spermienproduktion unterdrücken. Das ist ein schwieriger Prozess. Spermien sind sehr zäh und langlebig. Das ist eine der großen Hürden, die bisher noch nicht genommen wurden.

Es gibt nach wie vor Forschungen, und die wird es auch weiterhin geben. Ich glaube, es ist im Interesse aller Männer, Kontrolle über ihre Fruchtbarkeit zu erlangen. Das ist ein fundamentales Interesse, das die Frauen aber stärker haben. Wenn sie Fehler machen, tragen sie die selber aus. Als Mann ist man nur indirket betroffen. Eine verlässliche Verhütung für den Mann wird die Beziehungsdynamik sicher beleben. (bto/dieStandard.at, 11.8.2008)