Am Freitag soll sich der Nationalrat erneut mit einer Änderung des Familienrechts befassen. Die rechtliche Regelung von Lebensgemeinschaften, nach der ein dringendes Bedürfnis bestünde, wurde wieder einmal vertagt. Dafür wird mit unmotivierter Eile eine schwerwiegende Verschlechterung, insbesondere für Frauen, bei der Aufteilung ehelichen Vermögens anlässlich einer Scheidung durchgewinkt.

Immerhin war es ein Kernstück der Familienrechtsreform des Jahres 1978, in der Ehe erworbenes Vermögen bei der Scheidung „nach Billigkeit" zu teilen, wobei finanzieller Beitrag, Arbeitsleistung, aber auch Haushaltsführung, Kindererziehung und Konsumverzicht als Beiträge zum Vermögenserwerb zu berücksichtigen sind. Hinsichtlich der Teilung ehelicher Ersparnisse anlässlich einer Scheidung besteht die Möglichkeit, per Notariatsakt Vereinbarungen zu treffen und die Ersparnisse so der gerichtlichen Aufteilung zu entziehen. Auf die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens (Wohnung, Wochenendhaus, Wohnmobil, Au_to ...) kann hingegen im Vorhinein nicht verzichtet werden. 

In Hinkunft sollen jedoch zwischen den Ehegatten Vereinbarungen über das eheliche Gebrauchsvermögen geschlossen werden können, die bei einer späteren Vermögensteilung nach einer Scheidung für den Richter auch dann bindend sind, wenn sie dem Grundsatz der Billigkeit nicht entsprechen, wenn sie also bei Berücksichtigung obiger Kriterien ungerecht sind. 

Gebunden auf ewig?

Interesse an einer derartigen Vereinbarung wird wohl der Ehepartner haben, der die im Gesetz vorgesehene Teilung nach Billigkeit vermeiden möchte, z._B. ein Ehemann, der allein oder besser verdient und seinen finanziellen Beitrag höher gewichten will als die Leistung der haushaltsführenden, kindererziehenden und deshalb gar nicht oder nur Teilzeit arbeitenden Frau. 

Da diese Vereinbarungen zu einem Zeitpunkt geschlossen werden sollen, zu dem von einer Scheidung noch keine Rede ist, die Ehegatten vielleicht noch nicht einmal wissen, ob und wie viele Kinder sie haben werden, wie ihr Berufsweg verläuft, ob sie vielleicht im Ausland leben werden etc., ist damit zu rechnen, dass viele unbedachte und unbillige Vereinbarungen zustande kommen werden, die aber auch noch Jahre und Jahrzehnte danach bindend Gültigkeit behalten sollen (im Gegensatz etwa zur Patientenverfügung, die alle fünf Jahre erneuert werden muss) und von der man auch nicht, wie bei einem „Haustürgeschäft", nach Überlegung in angemessener Frist zurücktreten kann. 

Das Gericht soll derar_tige Vereinbarungen im Rahmen eines späteren Aufteilungsverfahrens „nachbessern" können, wenn sie zu einem „unzumutbaren" Ergebnis führen, den benachteiligten Ehegatten „nur mit Almosen abspeisen" würden: Die Frau, die, noch berufstätig und kinderlos, auf die (gemeinsam erworbene!) Ehewohnung verzichtet hat, müsste mit ihren Kindern zwar ausziehen, aber dafür doch „einen gewissen Ausgleich" (keine angemessene Gegenleistung!) erhalten. Das Gericht soll also „unzumutbar" un_gerechte Vereinbarungen in ihrer Wirkung „abfedern", aber nicht aufheben dürfen. Die erläuternden Bemerkungen zum Entwurf weisen aber dezidiert darauf hin, dass bloße (nicht „unzumutbare") Unbilligkeit einer getroffenen Vereinbarung für eine nachträgliche Änderung durch das Gericht nicht ausreichend sein soll, angeblich im Interesse von „Privatautonomie" und „Eigenverantwortung".

Dazu ist zu bemerken, dass anlässlich einer Scheidung die Ehegatten jedwede Vereinbarung über ihre Ersparnisse, ihr Gebrauchsvermögen und den Unterhalt treffen können - dies aber zu einem Zeitpunkt, zu dem der Umstand, dass die Ehe geschieden wird, für beide klar ersichtlich ist. Warum Personen für ewige Zeiten an Zusagen gebunden bleiben sollen, die sie Jahre vorher unter völlig anderen _Lebensumständen gemacht haben, bleibt unerfindlich.
Angesichts des geringen inhaltlichen Umfangs des „Familienrechtspakets" wäre eine spätere Beschlussfassung, nach breiterer Diskussion und sorgfältiger Erwägung der Konsequenzen des zu Beschließenden, vertretbar und auch sinnvoller gewesen. (Helene Klaar, DER STANDARD, Print, 8.7.2009)