Wien - Österreich ist im internationalen Vergleich bei der Frauen-Gleichstellung dramatisch abgestürzt. Das Land liegt im aktuellen "Global Gender Gap Report 2009", nur mehr auf Platz 42, im Vorjahr war es noch Platz 29. Besonders schlecht steht es um die wirtschaftliche Teilnahme (Platz 103). Das liegt in erster Linie an der ungleichen Entlohnung, Österreich ist hier mit Rang 26 Schlusslicht unter den EU-27. Die Frauensprecherin der Grünen, Judith Schwentner, bezeichnete die Ergebnisse als "Katastrophe", die sofortige Maßnahmen erfordere.

In den letzten vier Jahren ist Österreich im Report kontinuierlich zurückgefallen, 2006 hatte es noch Platz 26 belegt. Bewertet werden in der Studie der Grad der Gleich- bzw. Ungleichstellung der Geschlechter auf einer Skala von null bis 100 Prozent - Österreich erreichte seinen 42. Rang mit insgesamt 70 Prozent. Herangezogen werden dabei vier Bereiche: wirtschaftliche Partizipation und Chancengleichheit, Bildungsniveau, politische Teilhabe, Gesundheit und Lebenserwartung.

Ungleiche Entlohnung als Absturzgrund

Besonders schlecht bestellt ist es in Österreich um die Gleichstellung der Frauen im Bereich wirtschaftliche Teilhabe und Chancen, hier liegt Österreich mit 57 Prozent auf Platz 103. Das liegt vor allem an der ungleichen Entlohnung (Stichwort: Einkommensschere) und den schlechten Aufstiegschancen von Frauen.

Schwentner spricht von einer "katastrophalen Situation" und ortet "dringenden Handlungsbedarf". Sie verlangte u.a. verpflichtende Transparenz bei Frauen- und Männereinkommen und eine "beinharte Koppelung von Wirtschaftsförderungen an Frauenquoten". Angesichts der "beschämenden" Ergebnisse bräuchte es ein ganzes Maßnahmenpaket, so Schwentner in Richtung Frauenminister Gabriele Heinisch-Hosek (S). Die Frauenministerin hat wiederholt Quotenregelungen und Transparenz verlangt, ist aber beim Koalitionspartner ÖVP (mit wenigen Ausnahmen) und teils auch in den eigenen Reihen bisher auf taube Ohren gestoßen.

Das schlechte Abschneiden bei der Bildung (Platz 78) ergibt sich durch den sinkenden Anteil weiblicher Schüler in den Sekundarstufen. Laut Schwentner erklärt sich dies durch die Geschlechterselektion im Bereich der technischen Berufe: Während Burschen diese vermehrt erlernen, orientieren sich Mädchen zu frauentypischen und in der Regel schlechter bezahlten Branchen.

Den ersten Platz belegt Österreich in Gesundheit und Lebenserwartung. Das ist allerdings nichts besonders, sondern viel mehr westlicher Standard, da hier vor allem die Geburtsrate nach Geschlecht und die Lebenserwartung gemessen werden. Bei politischer Teilhabe liegt Österreich auf Platz 23.

>>> Einzelheiten des Reports: Island auf Platz 1, Jemen Schlusslicht

Island belegt bei laut dem "Global Gender Gap Report 2009" bei der Gleichstellung von Frauen im internationalen Vergleich den ersten Platz. Norwegen hat seine Spitzenposition aus dem Vorjahr verloren und findet sich nun an dritter Stelle. Am schlechtesten abgeschnitten hat von den 134 untersuchten Ländern der Jemen.

Das Spitzenfeld belegen also einmal mehr die nordischen Länder Europas: Island konnte sich vom vierten Platz 2008 heuer auf den ersten Platz (82,8 Prozent) verbessern, Finnland verteidigte seinen zweiten Platz. An dritter Stelle findet sich Norwegen (2008: Platz 1), dahinter folgt Schweden. Neuseeland hat sich auf dem fünften Platz gehalten.

Ganz oben im Ranking befinden sich weiters Südafrika, Dänemark, Irland, die Philippinen und Lesotho. Die USA finden sich an 31. Stelle noch vor Österreich, das Platz 42 belegt.

Die geringste Gleichstellung stellten die Studienautoren im Jemen (46 Prozent) fest. Fast ebenso schlecht ist die Situation außerdem im Tschad und in Pakistan. Sehr weit hinten finden sich auch der Iran (Platz 128) und die Türkei (Platz 129). 

Wirtschaftliche Teilhabe: Mongolei und Schweden vorne

Im Bereich der wirtschaftlichen Teilhabe hat die Mongolei mit rund 83 Prozent Gleichstellung die Nase vorn. Dahinter folgen die Bahamas, Mosambik und Lesotho. Den besten Wert der europäischen Länder weist Schweden auf, das sich an sechster Stelle befindet. Österreich belegt Platz 103, das Schlusslicht bildet abermals der Jemen. 

Bildung: Österreich an 78. Stelle

Hundertprozentige Gleichstellung im Bildungsbereich erreichten 26 Länder - darunter Australien, Frankreich, Dänemark, Finnland, Norwegen und die USA, aber auch Tschechien, die Slowakei, Kuba, Lesotho und Nicaragua. Österreich findet sich hingegen erst an 78. Stelle. Den letzten Platz belegt der Tschad.

Politische Teilhabe: Saudi-Arabien, Jemen und Iran Schlusslichter

Mit einer Gleichstellung von rund 59 Prozent liegt Island im Bereich der politischen Teilhabe an der Spitze. Ebenfalls im oberen Bereich wurden Finnland, Norwegen, Schweden und Südafrika gelistet. Überhaupt nicht am politischen Leben teilnehmen können Frauen demnach in Saudi-Arabien, wo der Wert bei null Prozent liegt. Auch im Jemen und im Iran wird Frauen so gut wie keine Teilhabe ermöglicht.

Den ersten Platz bei der Gleichstellung im Gesundheitsbereich teilen sich 39 Länder, darunter auch Österreich. Island, Gewinner der Gesamtrankings, liegt hier nur auf Platz 101, an letzter Stelle findet sich Indien. 

Verbesserungen festgestellt

Völlige Gleichstellung hat keines der untersuchten Länder erreicht, die besten drei - Island, Finnland und Norwegen - haben die Kluft zwischen den Geschlechtern aber schon zu über 80 Prozent geschlossen, heißt es in der Studie. In über 80 Prozent jener Staaten, die seit 2006 jährlich analysiert werden, hat sich die Situation verbessert. (APA)