Schaut ganz nach Schmuseporno aus, wie sich da ein splitterfasernackter Mann eng und löffelig an den Rücken der evakostümierten Dame kuschelt. Sogar Schamhaar (ihres) ist im Bild. Huch.

Beim nackten, schwarzgelockten Adam handelt es sich umManuel Legris; der Ballettchef der Wiener Staatsoper ist eine Mitgift des neuen Staatsoperndirektors Dominique Meyer. M.Legris hat also er- und bewiesenermaßen Lust an Freikörperkultur. Und Direktor Meyer nichts dagegen. Die Pariser Oper hatte zu diesen Nacktaufnahmen ausdrücklich den Sanctus gegeben.

Nicht so bei jener Ballerina, deren Nacktfotos (übrigens ohne Schamhaarfreilegung) seit Tagen aufregen. Konsequenz: Entlassung. Mit der Erklärung, Legris' Fotos seien hehre Kunst; die der Balletteuse aber, ohne Erlaubnis in einem Herrenmagazin publiziert, blanker Sex. Ja, das ist reine Lehre imUnterrichtsfach Bigotterie.

Gern jagen Regisseure und Choreografen die Darsteller nackt über die Bühne. Abgesehen davon aber ist dem Ballettpublikum pupsegal wie nur, wer sich in seiner Freizeit wie nackt abbilden lässt. Hauptsache, die Frau kann tanzen. Wenn nicht, dann - nur dann - sollte man ihr berufliche Veränderung nahelegen.

Das dürfte in ihrer Erregtheit auch den Direktoren gedämmert sein. Jetzt wollen sie mit der Tänzerin reden. Geht ja. (Andrea Schurian, DER STANDARD - Printausgabe, 12. Oktober 2010)