London - Zwölf Jahre nach Abschaffung des Sextests und drei Jahre nach dem spektakulären Fall Semenya soll es als Konsequenz aus diesem Vorfall wieder Geschlechskontrollen für Frauen geben. Das Internationale Olympische Komitee hat eine neue Regel entwickelt, nach der auffällige Athletinnen ähnlich wie Südafrikas 800-m-Weltmeisterin auf eine Überproduktion an männlichen Hormonen (Hyperandrogenismus) untersucht werden sollen.

Beratung mit ExpertInnen

"Wir haben dieses Thema nach einigen Symposien und Konferenzen nun in der IOC-Exekutive erörtert und wollen die neue Regel Anfang Juli bei der IOC-Vollversammlung verabschieden. Dieser Lösung sollen sich dann alle internationalen Fachverbände anschließen", erklärte am Dienstag Arne Ljungqvist, Chef der Medizin- und Doping-Kommission des IOC, in London.

Eine Frau soll laut Ljungqvist künftig nur starten dürfen, wenn ihr Level an Androgenen unter dem der Männer oder in einem Bereich liegt, aus dem sie keinen Wettkampf-Vorteil ziehen kann. Die Entscheidung über den Geschlechtsstatus soll von einem internationalen ExpertInnenteam aus dem Bereich Hyperandrogenismus getroffen werden. In jedem Fall soll die Athletin anonym bleiben und nicht wie im Fall Semenya öffentlich weltweit diskutiert werden.

"Es wird wohl nicht sehr viele Fälle geben", sagt Ljungqvist und erklärt: Weist eine Frau einen zu hohen Level an männlichen Hormonen auf, wird ihr vorgeschlagen, dass sie sich Maßnahmen unterzieht, die diesen Wert senken und somit einen Start in der Frauenklasse möglich machen. Ist sie nicht einverstanden, verliert sie ihre Startberechtigung.

Nach elfmonatiger Zwangspause von Caster Semenya hatte der Leichtathletik-Weltverband IAAF im Juli 2010 entschieden, dass die Südafrikanerin nach einer Hormonbehandlung weiter als Frau starten darf. Bei ihr gab es sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale.

Hintergrund

Die Athletenkommission des IOC hatte sich 1999 dafür starkgemacht, dass der "Sextest" ab 2000 nicht mehr angewandt wurde. Sie argumentierte, dass es durch die Aufsicht bei den Dopingkontrollen quasi unmöglich sei, dass sich ein Mann als Frau ausgeben könne. Darüber hinaus sei die Prozedur der Geschlechtsüberprüfung komplex, teuer und kontraproduktiv. Das IOC und die Fachverbände behielten sich jedoch in Einzelfällen vor, Athletinnen zu berprüfen - wie 2009 im Fall Semenya geschehen. (sid)