In Österreich gibt es 330.000 Paare, die nicht verheiratet sind.

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Daniela Musiol: "Auch die ÖVP wird irgendwann anerkennen müssen, dass Ehe nicht mehr bedeutet: Vater, Mutter, Kind, verheiratet bis ans Ende ihrer Tage."

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Geht es nach SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, sollen unverheiratete Paare künftig einen Partnerschaftsvertrag abschließen können, um rechtlich abgesichert zu sein. In vielen europäischen Länder existieren solche Verträge, die das Zusammenleben von Paaren regeln, bereits. Der Familiensprecherin der Grünen, Daniela Musiol, geht der Vorschlag von Heinisch-Hosek nicht weit genug. Sie fordert neben einer Etablierung eines Partnerschaftsgesetzes auch eine "Entrümpelung" des Eherechts.

derStandard.at: Sie sind nicht verheiratet. Warum nicht?

Musiol: Ich finde das Eherecht antiquiert. Es ist 200 Jahre alt und strotzt vor moralischen und kulturellen Grundlagen aus dieser Zeit. Die Pflichtenkataloge halte ich für nicht zeitgemäß. Es heißt, die Ehe wird geschlossen zum Zweck Kinder zu zeugen. Auch das Verschuldensprinzip ist veraltet. Wenn man beschließt, die Ehe aufzulösen, warum muss es dann immer um die Frage gehen, wer schuld ist?

derStandard.at: In Österreich gibt es 330.000 Paare, die nicht verheiratet sind. Braucht es für diese Menschen einen Partnerschaftsvertrag, wie es SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek vorgeschlagen hat?

Musiol: Unser Ansatz ist grundsätzlich ein anderer. Wir sind der Meinung, dass man das Institut der Ehe modernisieren und von den alten Pflichtenkatalogen, dem Verschuldensprinzip entstauben soll. Man soll das daraus machen, was es sein soll: ein Rechtsinstitut, das Rechte nach innen und nach außen klärt, während aufrechter Beziehung und auch danach.

Daneben ist es auch ganz klar, dass die Rechtsregelungen, die jetzt Lebensgemeinschaften betreffen, nicht zeitgemäß sind. Selbst wenn es eine entrümpelte moderne Ehe gibt, wird es immer noch Menschen geben, die sagen, wir wollen aber trotzdem nicht heiraten, sondern wir wollen einfach so zusammenleben. Auch für diese Menschen muss es zeitgemäße Regeln geben. Das ist unabhängig davon, ob die Ehe entrümpelt wird oder nicht, dringend geboten.

Gerade bei der Kindererziehung ist das wichtig. Überhaupt sollte das gesamte Familienrecht überarbeitet werden. Auch die rechtliche Situation für Patchwork-Familien ist nicht zeitgemäß. Hier gibt es einiges zu tun.

derStandard.at: Welchen Namen soll das neue Partnerschaftsgesetz tragen?

Musiol: Ich weiß gar nicht, ob das einen Namen tragen muss. Ich finde den Begriff "Ehe light" seltsam. Man muss diesen Katalog an Regelungen hernehmen und sich anschauen, wo es tatsächlich noch Benachteiligungen von Lebensgemeinschaften gibt – beginnend beim Mietrecht – und das einmal einem modernen Familienbegriff anpassen.

Klar ist, dass ein den Lebensrealitäten angepasstes Eherecht nach unserer Vorstellung auch die Diskriminierung, die es jetzt zwischen gleichgeschlechtlichen und heterosexuellen Paaren gibt, beseitigen würde.

derStandard.at: Auch gleichgeschlechtliche Paare sollen eine Ehe eingehen können?

Musiol: Genau, das ist ein Teil der Entrümpelung. Die Erfordernis, dass es verschiedengeschlechtliche Paare sein müssen, gehört beseitigt. Auch die ÖVP wird irgendwann anerkennen müssen, dass Ehe nicht mehr bedeutet: Vater, Mutter, Kind, verheiratet bis ans Ende ihrer Tage. Es gibt verschiedene Formen von Familie. Menschen treffen unterschiedliche Entscheidungen, wie sie leben wollen. Die gesetzlichen Regelungen müssen angepasst werden.

derStandard.at: Die ÖVP spricht allerdings davon, die Ehen nicht abwerten zu wollen.

Musiol: Aus meiner Sicht geht es ja nicht um eine Abwertung der Ehe. Beim Partnerschaftsgesetz für Homosexuelle haben wir zum Beispiel diskutiert, warum gleichgeschlechtliche Paare keine Kinder adoptieren dürfen und da haben die ÖVP-Redner im Parlament gesagt, die Ehe dient dem Zweck der Fortpflanzung und sie können sich ja nicht fortpflanzen. Im Umkehrschluss müsste man allen 60-, 70-Jährigen, die ihr spätes Glück finden, auch verbieten zu heiraten. Aber das kann es ja wohl nicht sein. Der ÖVP fehlen hier Mut und Ideen und gestehen sich nicht ein, dass es andere Realitäten gibt, auch in den eigenen Reihen. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 1.8.2011)