Die SlowenInnen entscheiden am Sonntag über ein neues Familienrecht.

Foto: Christian Fischer

Ljubljana - In Slowenien sagen die letzten Meinungsumfragen vor der Volksabstimmung über das neue Familiengesetzbuch am Sonntag eine mehrheitliche Unterstützung für das Inkrafttreten des Gesetzes voraus, mit dem das slowenische Familienrecht aus dem Jahr 1976 modernisiert werden soll. Der Ausgang des verbindlichen Referendums bleibt trotzdem offen, ausschlaggebend wird die Wahlbeteiligung sein.

Eine hohe Stimmbeteiligung würde den BefürworterInnen des Familiengesetzbuches nützen, denn die konservativen Wähler gelten als diszipliniertere UrnengeherInnen. Einer Projektion der Tageszeitung "Delo" zufolge werden am Sonntag rund 60 Prozent für das neue Gesetzbuch stimmen, dagegen werden 40 Prozent sein. Die Wahlbeteiligung soll bei 44 Prozent liegen. Die Projektion von "Delo" basiert auf einer Umfrage, bei der sich knapp 47 Prozent der Befragten für das Gesetz aussprachen, dagegen waren fast 30 Prozent. Auch bei der Umfrage der Wirtschaftszeitung "Finance" lagen die BefürworterInnen des Gesetzes mit 45 zu 40 Prozent vorn.

Rote Tücher der GegnerInnen

Das Familiengesetzbuch, das viele Verbesserungen zum Schutz von Kindern einführt, ist in konservativen Kreisen umstritten. Vor allem die Neudefinition der Familie, die von der traditionellen Auffassung "Mutter-Vater-Kind" abweicht, wird von den GegnerInnen als Entwertung der Bedeutung von Mutterschaft und Vaterschaft kritisiert. Das neue Gesetzbuch definiert eine Familie als "eine Lebensgemeinschaft von Kindern mit einem oder beiden Eltern oder einem anderen Erwachsenem, wenn dieser für das Kind sorgt". Diese Formulierung entspricht einer UNO-Definition. Ein rotes Tuch für die GegnerInnen ist auch die Ausweitung der Rechte von Homosexuellen. Gleichgeschlechtlichen Paare bekommen künftig gleiche Rechte wie Ehepaare, dürfen sich jedoch nicht als solche bezeichnen. Das Gesetz führt auch die Möglichkeit für Homosexuelle ein, die leiblichen Kinder ihrer Partner adoptieren zu können.

Am Freitag ging die einmonatige Referendumskampagne zu Ende. Für das neue Gesetz sprachen sich im Rahmen der Kampagne verschiedene angesehene Fachleute und Menschenrechtsorganisationen, sowie zahlreiche Prominente aus. Unterstützt wird es auch vom Staatspräsident Danilo Türk. Dem konservativen GegnerInnenlager, in dem besonders die katholische Kirche aktiv war, schlossen sich auch die orthodoxe Kirche und die islamische Gemeinschaft an. Die drei größten Glaubensgemeinschaften in Slowenien sprachen sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen das Gesetzbuch aus. Hingegen drückte die evangelische Kirche Toleranz für alle unterschiedlichen Familiengemeinschaften aus.

Das Familiengesetzbuch war von der früheren Mitte-Links-Regierung verfasst und ist im Juni 2011 vom Parlament verabschiedet worden. Die damalige Regierung musste wegen heftigen Widerstands und einer Blockade der konservativen Opposition, welche nun die aktuelle Mitte-Rechts-Regierung bildet, deutliche Abstriche von ihren ursprünglichen Plänen einer völligen Gleichstellung homo- und heterosexueller Paare machen. Das Referendum war von einer von der katholischen Kirche unterstützten konservativen Bürgerinitiative beantragt worden, die dafür die 40.000 erforderlichen Wählerunterschriften sammelte. (APA, 23.3.2012)