Vor ein paar Tagen saß ich abends in der Küche und musste mir eingestehen: So wie das Kind derzeit drauf ist, kann es nicht weitergehen. Oder sagen wir besser: wie das Zusammenleben derzeit ist, kann es nicht weitergehen.

Großes Staunen

Es geht um diese fast ununterbrochenen Heul- und Schreianfälle, die das Kind nun schon seit ein paar Wochen an den Tag legt. Wo kein Durchkommen mehr möglich ist. Und auch kein Ablenken. Nur großes Staunen, ob der unbändigen Wut und Kraft dieses kleinen Menschen, seine Wünsche durchzusetzen.
Und es will so viel! Die Klopapierrolle in die Klomuschel werfen, in der Wohnung nur noch mit verschlossener Winterjacke herumlaufen, vor dem Baden nicht in die Wanne hinein, nach dem Baden nur unter Wutgeschrei heraus, keine Windel wechseln, jeden Schritt beim Kochen beobachten, keinen Tropfen Marmelade auf den Händen haben und so weiter und so fort.

Ein einziges Geplärre

Die Nachbarn denken vermutlich, dass unser Kind einfach nur den ganzen Tag durchplärrt. Nur ich weiß, dass es sich immer aufs Neue aufregen muss, zwischendurch auch (kurz) ansprechbar ist, bis die nächste Katastrophe über uns hereinbricht. Das muss auch für sie anstrengend sein.

Was also tun? Mich ins Zimmer einsperren und dem Wutzwerg den Weg freimachen, damit er sein egomanisches Werk vollenden kann? Schließlich, als ich mich schon sehr schlecht fühlte ob meiner Unfähigkeit gegenüber einem nicht mal zweijährigen Kind konstruktiv eingreifen zu können, eröffnete mir der Papa aus selbigen Grund mit belegter Stimme: "Ich hab‘ in letzter Zeit das Gefühl, das Kind entgleitet mir."

Puh, wie schön zu hören, dass es ihm nicht anders geht. Wir saßen also auf dem Sofa und hielten uns in stiller Solidarität die Hände. Mehr brauchte es nicht, um die Wutmaschinerie wieder in Gang zu setzen ... (dieMama, 29.4.2012)