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Tonio Borg kommt aus Malta. Malta ist nicht nur ein kleines Mitgliedsland der EU, es ist auch das katholischste Land Europas. Borg zählt in der konservativen Regierungspartei zum rechten Flügel.

Foto: apa/stringer

Tonio Borg soll EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz werden. Der Außenminister und Vizepremier von Malta soll in Brüssel seinem Landsmann John Dalli nachfolgen, der wegen Korruptionsvorwürfen in Zusammenhang mit der geplanten EU-Tabakrichtlinie Mitte Oktober zurücktreten musste. Ob er der Richtige für das Amt sei, wird aus mehreren Gründen und von unterschiedlichen Fraktionen bezweifelt. Am Dienstag musste er sich dem Europäischen Parlament, das in Personalfragen Mitspracherecht hat, stellen. 

Der Malteser hat im vergangenen Jahr gegen die Einführung der Ehescheidung gestimmt, obwohl es zuvor eine eindeutige Volksabstimmung dafür gegeben hat. Zudem sympathisiert der Außenminister auch mit dem Vorschlag, schwangeren Frauen im Zweifelsfall die Ausreise zu verweigern, um einen Schwangerschaftsabbruch im Ausland zu verhindern. Schwer wiegt jedoch auch eine Rede, die er 2009 im maltesischen Parlament hielt.

"Das hat uns gerade noch gefehlt ..."

Damals trat er vehement gegen den Vorschlag auf, gleichgeschlechtliche Paare im Erbrecht und bei der Pensionsreform zu berücksichtigen: "Das hat uns gerade noch gefehlt, jetzt auch noch Schwule zu tolerieren", sagte er damals. Dem aber nicht genug: Borg soll auch in Flüchtlingsfragen und im Asylwesen restriktive, konservative Politik bevorzugen. Zudem sei er in einen Bestechungsskandal verstrickt. Für die interfraktionelle Parlamentsarbeitsgruppe für die Rechte von Lesben, Schwule, Bi- und Transidenten Menschen schon vor der Anhörung Grund genug, seine Kandidatur als unhaltbar zu titulieren. Der FDP-Abgeordnete Holger Krahmer hatte bereits im Vorfeld gegenüber der Frankfurter Rundschau seine Ablehnung geäußert: "Wenn die Vorwürfe zutreffen, gibt es überhaupt keine Möglichkeit, Borg anzuhören". 

Das Papier der interfraktionellen Arbeitsgruppe dokumentiert jedoch auch Borgs offensichtlichen Bemühungen, Abtreibung weiterhin zu kriminalisieren und seine Unterstützung der Organisation Gift of Life. Aus deren Sicht sollten Abtreibung auch nach Vergewaltigungen oder Inzest bestraft werden.

Gehört wurde er

Angehört wurde er am Dienstag dennoch: Borg versicherte den Europa-Abgeordneten "unabhängige und objektiv zu sein, aber vor allem europäisch". Borg, der der konservativ-christdemokratischen Nationalistischen Partei angehört, erklärte auf Fragen der Abgeordneten, dass der EU-Vertrag in der Abtreibungsfrage für ihn klar sei, nämlich dass dies eine Angelegenheit der EU-Staaten sei. Er werde den Vertrag und das Subsidiaritätsprinzip in der EU achten, so der gelernte Anwalt.

Er habe zudem gegen strenge Strafen bei Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung in Malta gestimmt und sich nie gegen Beziehungen außerhalb einer Ehe ausgesprochen. Auch niemals habe er sich abwertend über Lesben und Schwule geäußert. 

Pro und Kontra Borg

Die SPÖ-Abgeordnete Karin Kadenbach meint, Tonio Borg habe sie nicht überzeugt. "In seinem Eingangsstatement ist er auf die Kritik an ihm aufgrund mehrerer frauenfeindlicher und homophober Aussagen gar nicht eingegangen. Nur auf Nachfrage äußert er sich sehr unkonkret. Etwa, indem er betont, dass er die Gesetze einhalten wird" wird sie von der APA zitiert. Die europäische Sozialdemokratin kritisierte schon am 9. November via Aussendung, Borgs Vorgehen gegen Schwangerschaftsabbrüche: "Sein Vorgehen gegen Abtreibung, gegen die Einführung von Scheidung, sein Wettern gegen homosexuelle Einwanderer - das alles ist mit der Funktion eines EU-Kommissars für Gesundheit schwer vereinbar", so Kadenbach. 

Die EVP-Fraktion im Europäischen Parlament werde Borg unterstützen, erklärte Richard Seeber. "Tonio Borg ist sachlich, hat sich sehr gut vorbereitet, ist ein präziser Kenner des EU-Rechts und respektiert ohne Wenn und Aber die EU-Grundrechtecharta", heißt es aus dem konservativen Flügel. Für viele Grüne, Liberale und SozialdemokratInnen im Europäischen ist der Malteser jedoch nicht wählbar.

Weiteres Vorgehen

Nun stehen weitere Beratungen im Europäischen Parlament zur möglichen Bestellung Borgs an. Anschließend geben die Abgeordneten nach einer Abstimmung am Mittwoch eine Empfehlung an den Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso ab. Die Empfehlung ist zwar nicht bindend, doch der Portugiese hat schon mehrmals auf Druck der Parlamentarier designierte KandidatInnen fallen gelassen. (APA, eks, dieStandard.at, 14.11.2012)