2015 soll ein Fünftel aller Väter in den Genuss der Kinderbetreuung kommen, wünscht sich Ministerin Heinisch-Hosek. Es sei wichtig, die Ziele hoch zu stecken.

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STANDARD: Woran liegt es, dass in Österreich nur fünf Prozent der Männer in Karenz gehen?

Heinisch-Hosek: Da spielen mehrere Gründe mit. Einerseits haben wir eine sehr traditionelle Aufteilung bei der Mütter- und Väterrolle. Das ist auch teils bei den jungen Eltern noch verankert. Auf der anderen Seite steht die geringe Bereitschaft der Unternehmen, den Papas diese Zeit zu gönnen. Wir müssen den Männern die Angst vor einem Karriereknick nehmen. Mütter haben das Thema immer, jetzt sehen sich erstmals auch Väter mit dem Problem konfrontiert.

STANDARD: Sie streben 20 Prozent bis 2015 an - ist das nicht unrealistisch? Nur das Vorzeigeland Schweden erreicht diese Quote.

Heinisch-Hosek: Man muss sich Ziele stecken. Wenn wir den Papamonat für die Privatwirtschaft bald realisieren, bin ich zutiefst überzeugt, dass Väter und Unternehmen den Mehrwert erkennen.

STANDARD: Soll der Papamonat weiterhin unbezahlt sein?

Heinisch-Hosek: Nein. Die Lösung für alle sollte lauten, dass der Vater seinen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuungsgeld vorziehen kann auf die ersten vier Wochen des Mutterschutzes. Das Modell ist durchfinanziert und kostenneutral, weil wir seinerzeit für 20 Prozent der Väter das Geld berechnet und bereitgestellt haben.

STANDARD: Heißt das, das Geld ist da, es holt sich nur niemand ab?

Heinisch-Hosek: Sozusagen. Wir müssen den Papamonat endlich ermöglichen, da scheitert es noch am Koalitionspartner ÖVP. Der Familienminister sieht die Idee positiv, konnte sich aber noch nicht zu einem Ja durchringen.

STANDARD: Widerstand kommt auch aus der Wirtschaftskammer, die mit der Krise argumentiert. Wie wollen Sie die Arbeitgeberseite überzeugen?

Heinisch-Hosek: Ich kann nicht immer Krisenzeiten und andere Ausreden gebrauchen. Die Zeit ist genau jetzt reif, weil wir ohnehin daran denken müssen, wie wir in Zukunft Arbeit neu verteilen. Viel zu viele Männer machen Überstunden wegen unserer Anwesenheitskultur, und viel zu viele Frauen arbeiten Teilzeit, obwohl sie gerne aufstocken würden.

STANDARD: Ist Österreich zu konservativ für ein neues Familienbild?

Heinisch-Hosek: In den Köpfen der älteren Männer sind zum Teil noch veraltete Strukturen. Die Jüngeren würden oft gerne in Karenz gehen, trauen sich aber zum Teil nicht - nicht nur wegen des Jobs, sondern auch aus Angst, ihr Ansehen zu verlieren. Man muss schon gefestigt sein in manchen Branchen. Es braucht die kritische Masse, damit es zur Normalität wird. Die wenigen Männer die es tun, sind noch zu exotisch.

STANDARD: In der neuen Kampagne bringt ein DJ sein Kind ins Bett und legt eine Platte auf. Ist das Bild nicht zu geschönt? Wo sind die stinkenden Windeln?

Heinisch-Hosek: Wir haben das bewusst überzeichnet, um Aufmerksamkeit zu erregen.

STANDARD: Wie stehen Sie zu einem verpflichtenden Papamonat?

Heinisch-Hosek: Unternehmen sollen verpflichtet werden, den Papamonat zur Verfügung zu stellen. Rechtsanspruch auf Väterkarenz gibt es ja bereits. Was hinter den Kulissen zum Teil passiert, gefällt mir gar nicht.

STANDARD: Also wollen Sie keine Verpflichtung für Väter?

Heinisch-Hosek: Nein, Väter sollen zu gar nichts verpflichtet werden. Ihre Monate verfallen ohnehin, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden.

STANDARD: Soll künftig der Mutterschutz mit der Väterkarenz zusammenfallen können?

Heinisch-Hosek: Nur in den ersten vier Wochen. Die Innenministerin möchte das auf drei Monate ausdehnen, ich möchte den Männern auch Zeit alleine mit dem Kind ermöglichen. Die restliche Karenzzeit sollte aufgeteilt werden. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 20.11.2012)