Der Eingang der Nationalbank in Wien auf dem Otto-Wagner-Platz.
Die Betriebsratsliste "OeNB 2030 – Die unabhängigen in der OeNB" hat am Montag Flugblätter im Haus am Otto-Wagner-Platz mit brisanten Themen verteilt
Foto: Karl Schöndorfer ToppressP

Der Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) ist derzeit nur marginal besetzt, es gibt weder Präsidenten noch Vizepräsidenten. Zudem fehlen einfache Mitglieder, die Koalitionsregierung ist bei der Nachbesetzung säumig. Bis vor kurzem leitete der Chef der Wirtschaftskammer Österreich, Harald Mahrer (ÖVP), das Kontrollgremium, Barbara Kolm (FPÖ) war seine Stellvertreterin.

Ein Thema, zu dem sich am Montag OeNB-Belegschaftsvertreter zu Wort meldeten. Die unabhängige Betriebsratsliste OeNB 2030 verteilte Flugblätter im Haus und wendet sich gegen eine Wiederbestellung Mahrers. Die Besetzung des Postens mit dem Wirtschaftskammer-Präsidenten "und damit auch obersten Bankenvertreter" bedeutete ein massives Governance-Problem, argumentieren die Notenbanker. Der Generalrat habe das Direktorium in Geschäftsführung und Währungspolitik zu beraten, der Fokus solle darauf liegen, "den Geschäftsbankensektor (...) zu beaufsichtigen". Das sei für einen OeNB-Präsidenten, der hauptberuflich Wirtschaftskammer-Präsident sei, "ein fundamentaler Interessenkonflikt".

Reform der Zinspolitik

Zudem plädiert die Liste für eine andere Zinspolitik der Zentralbanken. Die OeNB solle im Eurosystem dafür eintreten, jenen Anteil der Reserven "deutlich anzuheben", den die Geldinstitute bei ihren Zentralbanken unverzinst halten. Seit Mitte September wird die Mindestreserve (die Banken bei ihren Zentralbanken halten müssen) nicht mehr verzinst. Würde man die Basis dafür von einem auf sechs Prozent erhöhen, könnte die OeNB ihren Zinsaufwand um rund eine Milliarde Euro pro Jahr reduzieren, wird im Flyer vorgerechnet.

So könne die OeNB auch ihre hohen Verluste senken: In Zeiten der Niedrigzinspolitik musste die OeNB niedrig verzinste Anleihen kaufen – hat aber den Banken für ihre Einlagen sehr wohl Zinsen bezahlt. Ihr Zinsertrag war niedriger als ihr Zinsaufwand. Anfang September hätten die verzinsten Bankreserven 98 Milliarden Euro betragen, beim derzeitigen Zinssatz von vier Prozent mache das rund vier Milliarden Euro pro Jahr aus, rechnen die Proponenten der Liste vor.

"Banken besteuern"

Selbst wenn die Mindestreservenbasis erhöht würde, machten die Banken weiterhin hohe Gewinne, argumentiert OeNB 2030, nicht ohne der Nationalbank zu raten, sie solle sich dafür einsetzen, dass mehr von diesen Bankgewinnen ins Eigenkapital als an die Aktionäre fließt. Alternativ könne die OeNB der Regierung auch "die Besteuerung dieser – auf Kosten der Republik – erzielten risikolosen Übergewinne empfehlen".

An dieser Stelle kommt OeNB 2030 in ihrem Flugblatt wieder zur Präsidentenfrage, denn: Einer, der gleichzeitig oberster Bankenvertreter ist, würde wohl kaum für eine faire Besteuerung der Übergewinne der Banken eintreten. Die Forderung: Ein Präsident oder eine Präsidentin "ohne Interessenkonflikte". Vertreter der OeNB 2030 wollten am Montag keine Stellungnahme zu all dem abgeben, ebenso wenig der Sprecher von Gouverneur Robert Holzmann. Sprecher der Nationalbank waren nicht zu erreichen. (Renate Graber, 19.9.2023)