Eine Aktion gegen Gewalt an Frauen mit einem Schild (
Vor allem, wenn die Gewalt durch Parnter verübt wird, schämen sich viele Opfer.
IMAGO/Eibner

Die Einrichtung von Gewaltschutzambulanzen in Österreich wurde vor genau einem Jahr angekündigt. Nun wurde die Umsetzung durch Justizministerin Alma Zadić (Grüne), Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) bei einem Pressegespräch nach dem vierten Gewaltschutzgipfel präsentiert. Mit zwei Modellregionen im Osten und Süden Österreichs werde mit den Gewaltambulanzen gestartet, sagte Zadić. Diese Modellregionen umfassen die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland, die Steiermark und Kärnten. In einer nächsten Phase im Jahr 2024 sollen Innsbruck und Salzburg als Regionen hinzukommen.

Video: Bundesregierung startet mit Ausrollung von Gewaltambulanzen.
APA

Kostenloses Angebot

Zentrales Ziel der Einrichtung von Gewaltambulanzen ist eine Erhöhung der Verurteilungsrate bei Gewalt in der eigenen Familie oder durch den Ex-Partner. Die Ambulanzen sollen ein niederschwelliges Angebot bieten, damit Gewaltbetroffene ihre Verletzungen behandeln und dokumentieren lassen können. Diese forensische Dokumentation soll die Beweislage bei Gewalttaten verbessern, falls es zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Dass Gewaltambulanzen zu mehr Verurteilungen führen, habe sich in Belgien gezeigt, sagte Zadić. Dort habe sich durch die Ambulanzen die Verurteilungsquote sogar verdoppelt.

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne), Familienministerin Susanne Raab (ÖVP), Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) präsentierten das Konzept Gewaltambulanzen.
Sozialminister Johannes Rauch (Grüne), Familienministerin Susanne Raab (ÖVP), Justizministerin Alma Zadić(Grüne) und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) präsentierten das Konzept Gewaltambulanzen.
APA/EVA MANHART

Eine aus den vier Ressorts zusammengesetzte interministerielle Steuerungsgruppe hat im vergangenen Jahr einen Anforderungskatalog für Gewaltambulanzen erarbeitet. Darin steht eine fach- und opfergerechte forensische Untersuchung im Zentrum, damit Verletzungen und Spuren zu Beweismitteln werden können. Die Dokumentation der Verletzungen und Spuren kann auch unabhängig davon erfolgen, ob eine Anzeige erstattet wird oder nicht. Das Angebot ist niederschwellig angelegt und für die Betroffenen kostenlos.

Zu den Modellregionen mit fixen Standorten soll es zudem mobile Teams geben, die direkt zu den Betroffenen kommen und vor allem für den ländlichen Bereich wichtig seien. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sollen über die Ambulanzen informiert werden, um Betroffene weitervermitteln zu können.

Opfer scheuen eine Anzeige

Eine Verurteilungsquote von unter zehn Prozent bei Gewalt gegen Frauen sei zu niedrig, sagte Frauenministerin Raab. Gewaltbetroffene Frauen, die sich an die Polizei wenden, müssten sich sicher sein, dass das auch zu einer Strafe des Täters führt. "Wenn man glaubt, es hat sowieso keinen Zweck, dann ist die Hemmschwelle, zur Polizei zu gehen, nochmal größer", sagte Raab. Vor allem Gewalt im eigenen Zuhause und in der Familie ginge oft mit Scham der Opfer einher.

Eine Studie über Frauenmorde, die vergangenes Jahr durch das Frauenministerium in Auftrag gegeben worden ist, zeigt, dass vielen der Gang zur Polizei sehr schwer fällt, auch wenn es sich um schwere Gewalt handelt. Nur 25 Prozent der Opfer von Femiziden haben sich davor an eine Behörde gewandt.

Daher brauche es mehr Frauen und besonders geschulte Präventionsbeamtinnen, sagte Innenminister Karner. Die Zahl von Präventionsbeamten und -beamtinnen, die über spezielle Ausbildungen für den Gewaltbereich verfügen, habe sich von anfänglich 500 auf 1.200 erhöht. Derzeit sind 25 Prozent aller Polizeibediensteten weiblich, bei den aktuellen Grundausbildungen liege der Frauenanteil schon bei 50 Prozent, sagte Karner.

Sozialminister Rauch hob die psychischen und Langzeitfolgen von Gewalt hervor. Im Sozialministerium wurde das Budget von vier auf sieben Millionen erhöht, womit etwa Kampagnen und Maßnahmen, die vorwiegend Männer adressieren, finanziert wurden. Ebenso Nachbarschaftsprojekte wie "Stopp – Stadteile ohne Partnergewalt", das weiter ausgebaut wird. (Beate Hausbichler, 6.12.2023)