Kleiner Junge spielt mit einem kleinen, braunen, flauschigen Hund am Boden.
Mein Sohn wünscht sich einen Hund. Der Wunsch wird leider nur ein Wunsch bleiben.
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Mein Sohn ist begeistert. Ich nicht. Er hüpft aufgeregt vor dem Fernseher auf und ab. Ich sitze regungslos auf dem Sofa. Wir sehen uns Anna und die wilden Tiere an, eine deutsche Tierdoku-Serie für Kinder. Diesmal will Anna alles über Vogelspinnen herausfinden. "Gerade einmal eine halbe Stunde braucht man pro Woche, um seine Vogelspinne zu versorgen", sagt Anna. Dann nimmt sie das pelzige Tier auf die Hand und erklärt, dass es völlig ungefährlich ist. "Siehst du Mama, die tun nix", schreit mein Sohn. "Die kann man sogar streicheln!" Ich nicke und frage mich: Wie um alles in der Welt bin ich in diese Situation geraten?

Hund, Katze, Hamster

Ich wusste, dass dieser Moment irgendwann kommen wird. Kurz vor dem sechsten Geburtstag meines Sohnes war er da: "Mama, krieg ich ein Haustier?" Sein Kindergartenfreund hat einen Schäfermischling, "obwohl er erst vier ist!" Mein Sohn findet, wenn ein Vierjähriger einen Hund hat, sollte er auch einen bekommen. Mein Mann und ich haben ihm schnell erklärt, dass ein Hund für uns nicht infrage kommt. Der wäre den ganzen Tag allein in der Wohnung. Tägliches Spazierengehen, Pflegen, Füttern. Zu viel Verantwortung, das versteht sogar ein Sechsjähriger. "Für welches Tier haben wir denn Zeit?", will er wissen. Gute Frage. Für keines? Das lässt er nicht gelten. Er will ein Haustier. Unbedingt.

Der Wunsch nach einem Hund wurde auch gezeichnet. Mit Szenenbild im Park beim Ballspielen.
Zeichnungen: Jonah

Ich bin kein allzugroßer Fan davon, Kinder mit Haustierhaltung zu betrauen, dafür habe ich genug Beispiele aus dem Freundeskreis. Am Anfang ist Begeisterung, irgendwann verlieren die meisten Kinder das Interesse. Ich hatte in meiner Kindheit selbst Katzen, Hamster, Ratten. Am Anfang war ich voll dabei. Am Ende hat meine Mutter sich gekümmert. Trotzdem erinnere ich mich zurück an die Freude, die ich mit den Tieren hatte. Es gibt auch genug Forschung, wie sehr Kinder von Haustieren profitieren. Sie erlernen durch die Haltung und Pflege von Tieren Verantwortung, Respekt und Empathievermögen.

Familien sollten also genau überlegen, ob und welches Haustier am besten passt. Manche Tiere werden richtig alt. Jeder Wochenendausflug verlangt Organisation, auch Urlaube werden zum logistischen Problem.

"Wie wäre es mit einer Katze?", fragt die Schwiegermutter. Sie würde aufpassen, wenn wir wegfahren. Eh lieb, danke. Aber keine Chance: Ich habe eine Katzenhaarallergie. Damit landen wir recht schnell bei den Nagern. Vielleicht ein Meerschweinchen? Oder einen Hamster? Sehr süß, aber man muss ständig ihren Stall ausputzen, sonst stinkt es in der ganzen Wohnung. Ich erinnere mich zu gut an die Streitereien mit meiner Mutter. Außerdem: Hamster und Mäuse sind nachtaktiv. Die wollen tagsüber in Ruhe gelassen werden. Nicht so gut für Kinder, nicht so gut für den Nachtschlaf.

Kein Platz, keine Zeit

Gibt es überhaupt Haustiere, die keine Arbeit machen, wenig Platz brauchen und nicht stinken? Ich frage das Internet. Dort lerne ich in einem Forum für Tierliebhaber: Völlig unproblematisch sind Landeinsiedlerkrebse. Die werden in einem einfachen Terrarium gehalten und machen so gut wie keinen Mist. Ein weiterer Pluspunkt: Sie ernähren sich nicht von Lebendfutter, sondern von dem, was in der Küche übrigbleibt. Der Berichterstatter hat selbst welche, seit sieben Jahren. Sie sterben also nicht reihenweise. Stattdessen kann man sie beobachten, wie sie ihre Muscheln ausmessen und tauschen und wie gut sie klettern können. Klingt niedlich!

Aber ehrlich: Krebse als Haustiere? Eine weiterführende Recherche lehrt mich, dass es doch einige Haltungsbedingungen gibt, damit sich die Schalentiere wohlfühlen: Das Terrarium sollte eine Temperatur zwischen 26 und 28 Grad Celsius haben und eine Luftfeuchtigkeit von 70 bis 90 Prozent. Klingt aufwendig. Mein Sohn findet die Idee, Krebse zu halten, aber spannend, also kommen sie auf die Liste.

Nach einem Besuch im Haus des Meeres in Wien sind wir mit unserer Haustiersuche weit fortgeschritten. Das Kind ist völlig verliebt in Reptilien: Schildkröten, Schlangen, Echsen. Gut, Schlangen können wir ausschließen. Die Viecher können entkommen. Sie lauern dann in Klos. Wir alle erinnern uns an den armen Grazer, der in aller Herrgottsfrüh von einer Python in die Hoden gebissen wurde.

Sensibelchen mit Krallen

Wenn schon ein Reptil, dann bitte ein liebes. Eine Schildkröte ist lieb. Ich kenne eine Familie, die hat welche. Auf Nachfrage werde ich gleich gewarnt: Schildkröten sind überaus anspruchsvolle und sensible Tiere. Viel Arbeit, viel Verantwortung.

Ein Großteil der Haustiere stirbt angeblich an den Folgen der falschen Haltung oder nicht artgerechten Ernährung. Also nein. Schildkröten sind auch kein gutes Einsteigertier.

Insgeheim hoffe ich ja, dass sich der Wunsch nach einem Haustier während der ausführlichen und langen Suche nach einem Haustier einstellt. Aber nix da. Jeden Tag ist es Thema. "Sie hören nicht auf", warnt eine erfahrene Freundin. "Bis sie zwölf sind, solange muss man durchhalten."

Es ist keine süße Katze, aber sie hat Härchen, irgendwie. Das wäre das Haustier, auf das mein Sohn und ich uns einigen könnten – so, wie er es sieht.
Zeichnungen: Jonah

Sechs Jahre trauriges Kindergesicht stehe ich nicht durch. Mein Mann auch nicht. "Eine Vogelspinne wäre cool", sagt er. Das sagt er vor dem Sohn. Verräter. Ich sage meinem Mann, dass ich ausziehe, falls er das ernst meint. Doch er kommt mit Argumenten: Vogelspinnen sind unkompliziert in der Haltung, brauchen nur ein kleines Terrarium, kaum Aufmerksamkeit und Futter. Rein faktisch hat er recht. Es wird uns halt keine Oma und Tante mehr besuchen kommen. Das empfindet mein Mann nicht zwingend als Nachteil.

Na gut, ich willige ein, das Spinnentier in die engere Auswahl zu nehmen – neben anderen Sympathieträgern wie Krebsen, Gecko und Stabheuschrecke. Sollten wir uns scheiden lassen, kriegt er die Spinne. Abgemacht.

Vogelspinne | Information für Kinder | Anna und die Haustiere
Bei Anna lernen wir: Vogelspinnen sind ganz zahm.
Wilde Tierwelt

Seit einigen Tagen schauen wir nun Tierdokus über Vogelspinnen, haben einen Ratgeber gekauft und überlegen, wie wir das Terrarium einrichten. Mein Mann findet, wenn wir uns eine Vogelspinne holen, dann müsste sie auf jeden Fall Horst heißen. So hießen all seine Spinnen als Kind. "All seine Spinnen" – Männer sind seltsam. Mein Sohn will sie lieber Lukas nennen. Den Namen hat er von einem Youtube-Video, in dem eine animierte Vogelspinne singt und am Klavier spielt. Lukas, die Spinne also. Wie komme ich aus der Nummer wieder raus? (Nadja Kupsa, 24.2.2024)