Die mediale Öffentlichkeit und die österreichische Innenpolitik hatten das Wiener Landesgericht am Freitag im Visier.
Die mediale Öffentlichkeit und die österreichische Innenpolitik hatten das Kurz am Freitag im Visier.
Heribert Corn

Nach dem erstinstanzlichen Schuldspruch gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz am Freitagabend trudelten erste Reaktionen aus der österreichischen Innenpolitik nur zögerlich ein. Kurz war für schuldig befunden worden, die Abgeordneten im Ibiza-U-Ausschuss falsch über seine Involvierung in Bestellungen des Öbag-Aufsichtsrats informiert zu haben.

Zurückhaltend zur Seite sprang Kurz per Aussendung ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker: „Es handelt sich um ein unerwartetes Urteil. Es ist für Sebastian Kurz zu bedauern, dass das Erstgericht zwar in mehreren Punkten zu einem Freispruch, in einem Punkt aber zu einem Schuldspruch gelangt ist, weil im Beweisverfahren sehr viele Sebastian Kurz entlastende Aussagen getätigt wurden." Der Ausgang des Rechtsmittelverfahrens sei jetzt abzuwarten. Er selbst hätte Kurz und dem ebenfalls verurteilten ehemaligen Kabinettschef Bernhard Bonelli ein anderes Urteil gewünscht.

In einer Videobotschaft auf X betonte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger, es gehe nicht um Sebastian Kurz, sondern "um ein System, unter dem Österreich seit Jahrzehnten leidet". Ein System der Postenkorruption, der Inseratenkorruption, ein System, in dem die Republik für einige wenige "als Selbstbedienungsladen" erscheine. Diesem System gelte es jetzt ein Ende zu setzen. Menschen sollten vertrauen können darauf, das "zählt, was sie können und nicht, wen sie kennen".

Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsführer im aktuellen Cofag-U-Ausschuss und in den letzten beiden U-Ausschüssen, sah via Aussendung noch viele Tage am Gericht auf Kurz und die Republik zukommen: "Für die rechtliche Aufarbeitung des Systems Kurz ist das eher ein kleinerer Schauplatz. Die 'Ära Kurz' wird die Gerichte noch auf Jahre beschäftigen. Die weiteren anhängigen Verdachtslagen sind schwerwiegend (es gilt die Unschuldsvermutung)."

Video: Kurz-Prozess: Bedingte Freiheitsstrafen für Ex-Kanzler und Bonelli.
APA

"Politische Attacke"

Schützenhilfe von ehemaligen Getreuen erhielt Kurz vonseiten der Wiener Landtagsabgeordneten und Ex-ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner. Auf X schrieb sie: "Ein vorläufiges Ende mit Freisprüchen in zwei von drei Punkten. Am Ende wird sich auch hier die Gerechtigkeit durchsetzen."

Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Martin Engelberg sprach auf Twitter gar von einer "politischen Attacke" gegen Sebastian Kurz: "Alle juristischen Experten mit denen ich in den letzten Wochen und Monaten über diesen Fall gesprochen habe, waren überzeugt, dass der Sachverhalt in keinem anderen Fall für eine Verurteilung gereicht hätte, sogar es nicht einmal zu einem Verfahren gekommen wäre." An Kurz' Unschuld glaube er weiterhin. (miwi, 23.2.2024)