Neun unterschiedliche Kakaobehälter, teils kunstvoll als Statuen mit Gesichtern ausgeführt.
Diese Kakaobehälter stammen von unterschiedlichen jahrtausendealten Kulturen.
Claire Lanaud

Für manche Menschen gehört Kakao in Form von Schokolade zu den wichtigsten Nahrungsmitteln und wird sogar zum Frühstück konsumiert. Auch die ersten kakaogenießenden Kulturen in Mittel- und Südamerika waren offenbar verrückt nach den bitteren Bohnen. Das belegt eine neue Studie, die nun im Fachjournal "Scientific Reports" erschien. Darin wird die Verbreitung der Kakaopflanze nach ihrer erstmaligen Domestizierung anhand von Spuren in prähistorischen Tongefäßen rekonstruiert.

Dass Kakao eigentlich aus dem Amazonasgebiet stammt, ist seit längerem bekannt. Eine besondere Fülle an verschiedenen Kakaovarianten gab es im oberen Amazonasbecken nahe der Grenzen zwischen Kolumbien und Ecuador. Elf genetische Gruppen sind von dort bekannt. Um herauszufinden, wie sich die Kakaopflanze vom Amazonasgebiet aus verbreitete, untersuchte ein Team um Claire Lanaud von der Universität Montpellier in Frankreich 352 Keramikgefäße von 19 verschiedenen Kulturen auf Spuren von Kakao-DNA und einigen typischen Kakaoinhaltsstoffen mit stimulierender Wirkung, darunter Koffein. Unter den Kulturen fanden sich unter anderem die Maya und die Olmeken. Die ältesten der Gefäße waren fast 6.000 Jahre alt, die jüngsten etwa 400. Sie stammten aus Ecuador, Kolumbien, Peru, Mexiko, Belize und Panama.

Schnelle Verbreitung

Es zeigte sich, dass die neu domestizierte Kakaopflanze im Amazonasgebiet ein unmittelbarer Hit gewesen sein dürfte. Bereits vor 5.000 Jahren wurde sie entlang der Pazifikküste kultiviert. Die alten Pflanzen besitzen außerdem eine hohe genetische Diversität, was darauf hindeutet, dass die Kulturen des Amazonasgebiets im heutigen Peru und jene an der Küste im heutigen Ecuador über lange Zeit hinweg Kontakte pflegten und Kakao austauschten. Auch in Töpferwaren von der kolumbianischen Karibikküste fanden sich Spuren von Kakao aus dem Amazonasgebiet.

Die Untersuchung lieferte zudem die eine oder andere Überraschung für Kakaokennerinnen und -kenner. Criollo gilt als besonders edle Kakaosorte. Ursprünglich nahm man an, dass sie die einzige Sorte war, die von den Maya und den Olmeken währen deren Herrschaft angebaut wurde. Doch die neue Studie zeigt, dass auch andere Kakaosorten aus verschiedensten Regionen vertreten waren, darunter die Sorten Nacional und Amelonado aus dem Südosten des heutigen Ecuador und dem Norden des heutigen Brasilien.

Ein Regal voller Tongefäße.
Eine archäologische Behältersammlung in einem Museum in Guayaquil in Ecuador. Manche der Behältnisse enthielten einst Kakao, dessen DNA sich heute noch nachweisen lässt.
Claire Lanaud

Verständnis des genetischen Erbes

Die Ergebnisse deuten nicht nur auf einen regen Handel mit Kakao, sondern auch auf spezielle Züchtungen hin, die an das jeweilige lokale Klima angepasst waren. Das Verständnis dieser komplexen Geschichte soll helfen, das genetische Erbe heutiger Kakaopflanzen besser zu verwalten, hoffen die Forschenden. Dieses Wissen wird bitter benötigt: Etwa fünf Millionen Tonnen Kakao werden jährlich geerntet, um unser Verlangen nach Schokolade zu stillen. Die steigenden Temperaturen werden die Kakaoproduktion in tropischen Anbaugebieten allerdings stark zurückgehen lassen. Schon jetzt sind die Pflanzen von Erkrankungen und Pilzen geplagt. Züchtungen sollen resistente Pflanzen erzeugen, zum Teil gibt es diese schon. Die Kenntnis der Genetik der Pflanzen ist hier ein entscheidender Vorteil.

Auch wenn uns die Urvölker Mittel- und Südamerikas in ihrer Vorliebe für Kakao offenbar ähnelten, die Form der Zubereitung unterschied sich, wie ein Blick auf die Hochkultur der Maya in Mexiko zeigt. Während bei uns, sowohl bei Schokolade als auch bei Kakaogetränken, in der Regel Milch im Spiel ist, war das Kakaogetränk der Maya mit Wasser aufgekocht und oft nicht süß, dafür aber mit Chili scharf gewürzt. Die bei uns bekannte Zubereitungsform setzte sich erst im 19. Jahrhundert durch, wobei Trinkschokolade mit etwas Schärfe bei manchen immer noch beliebt ist. (Reinhard Kleindl, 9.3.2024)