Massenmörder, KZ-Leiter und persönliche Gespenster Werner Koflers auf der Bühne in Klagenfurt.
Massenmörder, KZ-Leiter und persönliche Gespenster Werner Koflers auf der Bühne in Klagenfurt.
Günther Jagoutz

Partiell lassen sich zwischen dem Schriftsteller Werner Kofler und dem Schauspieler und Regisseur Paulus Manker tatsächlich Ähnlichkeiten ausmachen. Beiden haftet(e) – Kofler ist 2010 verstorben – etwas Cholerisches an, beiden etwas pointiert Viriles, beiden ein Zug zur Selbstherrlichkeit oder zumindest zur gespielten Selbstüberschätzung. Allerdings hatte Paulus Manker ganz andere Gelegenheiten, von seiner kulturellen Autorität zu profitieren, als Werner Kofler. Und auch dass das moralische Gewicht, mit dem Werner Kofler den NS-Verbrechern aus Kärnten auf der Spur war, ein ganz anderes ist als jenes, mit dem Paulus Manker die Liebeshändel Alma Mahler-Werfels theatralisch ausgeschlachtet hat, muss man hintanstellen, wenn man das Rencontre zwischen diesen zwei Künstlern uneingeschränkt genießen will, das die findige Regisseurin Angie Mautz soeben frisch auf die Bühne des Klagenfurter Ensembles gestellt hat.

Die Produktion heißt Manker/Unruhe und beruht auf zwei Texten Werner Koflers: dem 1997 vom ORF produzierten und von Paulus Manker eingesprochenen Hörspiel Unruhe sowie der Sprachkanonade Manker, mit der Kofler in der Folge die exaltierte Deklamation des Interpreten wutentbrannt kritisierte. Die Überlagerung der beiden Texte durch Angie Mautz führt dazu, dass der in Manker beschimpfte Schauspieler plötzlich inmitten jenes gespenstischen Infernos auftaucht, als das Werner Kofler unsere Gesellschaft dargestellt hat: Hier tummeln sich Massenmörder als Honoratioren, hier spazieren KZ-Leiter in Innenstädten herum, als hätte das Jahr 1945 nie stattgefunden. Dazwischen persönliche Gespenster Werner Koflers: ein eifersüchtiger Ehemann, der nachts in seine Wohnung eindringt, um ihn umzubringen, oder literarische Konkurrentinnen und Konkurrenten oder die von seinem Vater geliebten Operettensänger und natürlich erst recht die heutigen bzw. gestrigen Liedermacher wie Udo Jürgens, die das ganze Gräuel unerträglich behübschen.

Namensschilder statt Pappmaschee

Ja, und da platzt dieser Manker herein und kann ein Fragezeichen nicht von einem Punkt unterscheiden. Es ist unbekannt, wie lange Gernot Piff Darts trainiert hat, aber er hat in Klagenfurt in der Rolle des Werner Kofler eine beeindruckend hohe Trefferquote – bei den Sätzen, aber auch beim Beschuss der Zielscheibenmotive, die eben Manker darstellen oder auch Ex-Staatsoperndirektor Ioan Holender, der einmal, noch als Sänger, einen jungen Statisten in seinem Sportwagen mitgenommen haben soll. Genüsslich breiten Mautz und Markus Kuscher als Bühnengestalter Koflers Geisterbahn aus. Die Erscheinungen darin waren nicht aus Pappmaschee, das ist das Schlimme. Sie tragen sogar Namensschilder der realen Gesellschaft, das ist der Unterschied zu Thomas Bernhard. (Michael Cerha, 4.4.2024)