Langenstreckenläuferin Julia Mayer beim Vienna City Marathon 2024. 
In 2:31:25 Stunden kam Julia Mayer als Gesamtzehnte und zweitbeste Europäerin beim diesjährigen Vienna City Marathon ans Ziel.
APA/EVA MANHART

Es wird ständig über Sehnen, Bänder, Zerrungen, Verstauchungen, Regenerierungsphasen nach Verletzungen, die Qualität des Schlafs oder die mentale Verfassung gesprochen. Körper und Geist werden in Interviews um und nach Matches oder Wettkämpfen seziert. Bis auf eine Sache, über die lange geschwiegen wurde, obwohl sie alles andere als unwichtig für die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden beim Sport ist: die Regel, die Menstruation, die Tage, die Periode oder wie die Sportkommentatoren im ORF bei der Übertragung des Vienna City Marathon vorwiegend sagten: "das Thema".

Aufgebracht hat "das Thema" die österreichische Langenstreckenläuferin Julia Mayer. Nicht zum ersten Mal. Auch bei Läufen davor thematisierte die 31-Jährige offen, wenn ihre Periode für sie körperlich und mental eine zusätzliche Herausforderung war. Bluten, ein krampfender Unterleib, Hormonschwankungen – das erschwert natürlich eine sportliche Leistung und kann sie zusätzlich belasten und ablenken. Trotzdem wurde bis vor kurzem nie darüber gesprochen.

Zähe Tage

Und so ist es ein fast schon ein bewegender Moment, als Julia Mayer im Interview nach ihrem Lauf beim Vienna City Marathon sagt, dass sie wieder mal mit ihrer Periode laufen musste und die "letzten zwei Tage zäh waren". Es ist noch derart ungewohnt, dass man als Sport-Zuschauerin unweigerlich aufhorcht, wenn von einer langen Laufhose als Wahl, damit man sich wohlfühlt, gesprochen wird oder von Hormonen und Krämpfen die Rede ist.

Julia Mayer schien sich dabei nicht unbehaglich zu fühlen, wenngleich sie ein wenig zu zögern schien, ob sie davon anfangen sollte. Ein wenig Unsicherheit gab es aber bei dem Interviewer und den männlichen Kommentatoren, die lieber vom "Thema" sprachen als das Kind beim Namen zu nennen. Auch Männer dürfen "Regel", "Menstruation" oder "Periode" sagen – keine Sorge, das ist in Ordnung.

Trotzdem war es in erster Linie sympathisch, dass die Sport-Kommentatoren und auch der Interviewer sich nicht rasch über "das Thema" hinwegretteten, sondern dranblieben. Auch nach dem Interview sprachen sie weiter über das Tabuthema und vermittelten: "Gut, dass wir endlich darüber reden." Auch wenn sie dafür nicht die "Experten" seien, wie sie selbst sagen. Was allerdings viele Männer nicht davon abhält, dass sie … aber gut, lassen wir das. Das war ein erbaulicher Moment, Punkt.

Ende der Scham

Denn auf so einer öffentlichen Bühne über die Regel zu reden, das ist keine Kleinigkeit. Die Beschämung des weiblichen Körpers ist ein wichtiger Kniff zur Aufrechterhaltung von Frauenverachtung. Dass Mädchen und Frauen bis heute anderen Frauen zuflüstern, ob sie ihnen mit einem Tampon aushelfen könnten, das ist noch immer an der Tagesordnung und zeugt bis heute von dieser erfolgreichen Beschämung.

Klopapier und Seife auf jeder Toilette, aber keine Menstruationsartikel? Auch das ändert sich nach und nach. Und Frauen wie Julia Mayer erweisen mit ihrer Offenheit allen Frauen und Mädchen einen großen Dienst. Es ist höchste Zeit, dass Sportler:innen nicht mehr von allen möglichen körperlichen Bedingungen sprechen – nur die Menstruation ausgespart wird. Es ist ein Widerstand gegen eine Körperscham, die so viele Frauen bis heute mit sich herumtragen. (Beate Hausbichler, 22.4.2024)