FPÖ Ideenschmiede Kickl Untersuchungsausschuss
Erklärungsbedarf in der Causa Ideenschmiede: FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Foto: APA / Roland Schlager

So wie früher nach einem strengen Winter in der Stadt an den ersten frühlingshaften Tagen die Hundstrümmerln auf den Gehsteigen herausaperten, so feiert dieser Tage der Korruptionsskandal um Herbert Kickls Ideenschmiede in heimischen Medien ein Comeback.

Die ehemalige Werbeagentur des FPÖ-Obmanns, die ihre Bereitschaft zu Korruption in Verträge hineinschreiben ließ und deren Mitarbeiter ausführlich vor der Polizei gestanden haben, wie sie Scheinrechnungen ausstellten und Schwarzgeld zur FPÖ nach Wien transportieren ließen, fasziniert zum einen als Erkenntnisquelle österreichischer Korruptionskultur und zum anderen, weil Kickl es bislang geschafft hat – anders als seine damaligen Geschäftspartner –, ungeschoren davonzukommen.

Ahnungsloser Nachbar

Zu verdanken hatte er das vor allem Christian Pilnacek. Der damals noch mächtige Sektionschef im Justizministerium sorgte dafür, dass Kickl nicht als Beschuldigter einvernommen wurde. Reichlich bizarr wirkt daher die nun von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker getätigte Aussage, Pilnacek habe kurz vor seinem Ableben noch einen Gesprächstermin mit Kickl ausmachen wollen. Vielleicht wollte ihm Pilnacek ja die Gelegenheit geben, sich einmal ordentlich zu bedanken. Dass sich möglicherweise jetzt die Untersuchungskommission zur Aufarbeitung der Ära Pilnacek im Justizministerium mit der Causa beschäftigt, wird Kickl wenig Freude machen. Ebenso wie die Tatsache, dass der parlamentarische Untersuchungsausschuss das Thema Ideenschmiede entdeckt hat und dabei ein paar zuvor nicht öffentlich bekannte Fakten ans Tageslicht bringt. Zum Beispiel ein interessantes Spezifikum freiheitlicher Korruptionspraxis: Bekanntlich wurden die Verträge, in denen festgehalten wurde, dass Kickls damaliger Firmenpartner als Treuhänder für ihn agiert, ebenso zur Seite geschafft wie jene, in denen die Agentur Kickbackzahlungen zur FPÖ-Parteifinanzierung garantiert. Doch anders als bei anderen Parteien üblich, wurden diese Schriftstücke nicht geschreddert, sondern verräumt. Nämlich in Bananenkisten in das Kellerabteil eines ahnungslosen Nachbarn im Klagenfurter Firmensitz der Ideenschmiede, wo sie die Polizei dank des Tipps eines Whistleblowers später fand. Der Grundsatz "Jedes Schriftl ein Giftl" wurde von der FPÖ also ergänzt um: "Der Herbert muss trotzdem sein Eigentum und die Partei ihre garantierten Einnahmen geschützt wissen."

Bei der von Kickl behaupteten Kündigung des Treuhandvertrages ging es dann aber doch nicht ganz ohne "Schriftl-Giftl-Prinzip". Laut dem FPÖ-Obmann sei die Kündigung nur mündlich erfolgt. Sein Partner hingegen sagte aus, dass sie sehr wohl verschriftlicht wurde, er sie aber leider nicht mehr finde. Und der Steuerberater der beiden erklärte: "Von einer Kündigung der Treuhandschaft ist mir nichts bekannt."

Vor dem U-Ausschuss hat Herbert Kickl nun mit einer neuen Variante überrascht: Er habe den Treuhandvertrag "nie gelebt".

Ein Argument von beeindruckender Kühnheit. Sollten Sie, liebe Leserinnen und Leser, irgendwann eine Kreditmahnung Ihrer Bank erhalten, schreiben Sie einfach zurück, dass Sie nichts zahlen müssten, weil Sie den Kredit nie gelebt hätten. (Florian Scheuba, 25.4.2024)