Bei den Massenprotesten in der georgischen Hauptstadt Tiflis wird auch die EU-Fahne geschwenkt.
Bei den Massenprotesten in der georgischen Hauptstadt Tiflis wird auch die EU-Fahne geschwenkt.
EPA/DAVID MDZINARISHVILI

Seit Wochen gehen in Georgien immer wieder tausende Menschen auf die Straße. Während sie gegen ein Gesetz demonstrieren, das ihrer Ansicht nach die Unabhängigkeit von NGOs und Medien gefährdet, geht die Regierung massiv gegen die Kundgebungen vor und wiegelt inhaltlich ab: Man habe lediglich Transparenz im Sinn, heißt es.

Die Regelung sieht vor, dass sich Organisationen, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, behördlich registrieren lassen müssen. Die Zivilgesellschaft, die sich dagegen stemmt, sieht darin eine Blaupause eines russischen Gesetzes, das solche Organisationen als "ausländische Agenten" einstuft. Stimmt nicht, sagt die Regierung in Tiflis. Von "Agenten" ist in dem Gesetz keine Rede, sehr wohl aber von "ausländischer Einflussnahme".

Beitrittskandidat seit Dezember 2023

Nimmt das dem Protest der prowestlichen Oppositionellen den Wind aus den Segeln? Nein, denn es ist die Richtung, die nicht stimmt. Georgien ist erst seit Dezember 2023 offiziell EU-Beitrittskandidat. Das Gesetz aber bedeutet eine Abwendung von der EU und ist mit deren Regeln kaum kompatibel. Ungarn, das 2021 eine ähnliche Regelung auf Druck des Europäischen Gerichtshofs zurücknehmen musste, ist dafür ein guter Beleg.

Vor allem deshalb wird bei den Protesten in Georgien vor einem "russischen Gesetz" gewarnt. Die Demonstrierenden sehen sich, wie einst jene in der Ukraine, am Scheideweg zwischen West und Ost – und blinken nach Westen. Die angebliche Sorge um die "Transparenz" wird sie nicht besänftigen. (Gerald Schubert, 2.5.2024)