Unternehmerin und Model Lena Gercke. 
Lena Gercke hat Verständnis für die empfindliche Nase ihres Partners. Ein Verständnis, das es für Mütter wohl nicht gäbe.
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Es klingt oft alles ganz easy. Wir teilen uns als Eltern alles auf, grundsätzlich jedenfalls. Doch bei einem genaueren Blick hält diese Aussage der Realität oft nicht stand. Beweise? In den unzähligen Eltern-Whatsapp-Gruppen dieser Welt tauschen sich in erster Linie Mütter aus. Ein anderes Beispiel, wer es haptischer will: Stellen Sie sich vor Kindergärten oder Schulen, wagen Sie einen Blick auf Spielplätze. Frauen, Frauen, Frauen – und Männer in der Minderheit. Außer vielleicht am Sonntag, wenn die Papas die Mama mal ausschlafen lassen.

Unterschiedliche Standards

Auch Unternehmerin und Model Lena Gercke sagt kürzlich in einem Interview mit der deutschen Illustrierten "Gala" über ihren Partner: "Eigentlich teilen wir uns alles auf." Eigentlich, denn eine Sache bleibt im Haushalt Gercke Frauensache: das Wechseln der Windeln. Der Kindsvater sei "so empfindlich, was Gerüche angeht, und ich habe das einfach nicht".

Bleibt es beim Windelwechseln, könnte man sagen: ein First-World-Problem. Wenn der Partner andere, vergleichbare Aufgaben übernimmt, passt das schon. Andererseits: Der Witz am Kinderhaben ist – unter anderem –, dass man sich vieles eben nicht aussuchen kann. Doch dass man es sich aussuchen darf, ist zu weiten Teilen noch immer ein Privileg der Väter. Denn würde ihr Partner dasselbe über Gercke erzählen, hieße es sofort, na dann hätte sie wohl kein Kind bekommen sollen. Das hört man auch, wenn Frauen nicht stillen wollen oder gar wenige Monate nach der Geburt wieder arbeiten gehen wollen. Dieses locker-lässig dahingesagte "eigentlich teilen wir es eh alles auf" vertuscht die unterschiedlichen Standards für Mütter und Väter. Denn wenn Mama etwas prinzipiell nicht macht, ist es noch immer etwas anderes, als wenn Papa Nein sagt.

Scheinemanzipation

Das ist das eine. Das andere ist: Es ist generell ein weitverbreitetes Phänomen, dass Frauen ihre Partner decken, wenn sie nicht zumindest einen akzeptablen oder gar gleichen Anteil der Familienarbeit übernehmen. Das ist nachvollziehbar, denn die Erzählung, dass man als Mutter den größeren Teil übernimmt, weil man halt die Frau ist, geht 2023 nicht mehr. Das ist prinzipiell gut, schlecht ist allerdings, wenn das zu einer Scheinemanzipation führt und die Arbeitsteilung auf Basis von Mann oder Frau ständig als Zufall hingestellt wird. Weil er grad beim Job kaum wegkann, weil er wenig Schlaf nervlich schlechter packt oder eben weil ihn so viel mehr graust beim Windelwechseln.

Ja, manchmal sind es tatsächlich Zufälle, dass sich die Arbeitsteilung – vielleicht auch nur phasenweise – wie anno dazumal gestaltet. Beim Großteil ist die Erklärung aber doch sehr einfach – und sich das einzugestehen ist sicher nicht leicht. Originelle Ausreden für ihn zu finden, warum er das oder jenes nicht macht, aber auch nicht. (Beate Hausbichler, 7.11.2023)