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Rein theoretisch würden sich Männer gerne mehr bei der Erziehungsarbeit einbringen. Die Praxis sieht anders aus.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

In den letzten Jahren kursierten zunehmend Forderungen, endlich Diskriminierungen von Männern in den Blick zu nehmen. Sie wurden laut und mit starker medialer Unterstützung artikuliert. Gemeint ist mit der Feststellung der Männerdiskriminierung tatsächlich nur eine bestimmte Gruppe von Männern: Väter, die in Scheidung oder in Trennung leben und sich in finanzieller und erzieherischer Hinsicht übervorteilt fühlen. Die meist mit drastischen Einzelbeispielen beflügelte Debatte transportiert auch immer gleich die verbreitete Ansicht, dass es jetzt auch mal genug sei: mit der Gleichmacherei, mit den Protesten und dem Egoismus von Frauen.

Trotz dieses anhaltenden repressiven Raunens hat sich für Frauen in den letzten Jahrzehnten vieles verbessert. Dass dies gleichzeitig eine Verschlechterung für Männer bedeute, ist natürlich Unfug. Dennoch hält sich dieses Gerücht hartnäckig und sollte gerade in einer genaueren Betrachtung der heutigen Männerleben außen vor bleiben. Dem ersten Männerbericht aus dem Jahre 2006 ist das nicht gelungen.

Das neue Opfer von heute

Er fischte sich selektiv bestimmte Bereiche heraus. Für diese wurde dann der Mann in einem psychologisierenden Duktus als Opfer des Zeitgeistes stilisiert. Seine Sozialisation würde in einem "frauenbestimmten Umfeld" passieren, Bedürfnisse wie "Aufmerksamkeit" wurden gar als bubenspezifisch klassifiziert.

Derart unqualifizierte Vorannahmen spart sich der neue Männerbericht (dieStandard.at berichtete). Er setzt die für Buben oder Männer existierenden Probleme in Beziehung und zeigt: Es muss weder der Verlust eines traditionellen Väterbildes beweint werden, noch kann die Abwesenheit von positiven männlichen Vorbildern den steigenden Scheidungsraten in die Schuhe geschoben werden. Denn wenn die Zahlen über die höheren Einkommen von Männern in Erinnerung gerufen werden, wird schnell klar, wo die Männer sind. Nicht daheim bei ihren Kindern, sondern in der Arbeit. Dort basteln sie ungestört an ihren Karrieren in Berufen mit hohem Sozialprestige, das den Buben bei ihrer Berufswahl bereits wichtig ist, wie der Bericht zeigt.

Erziehungsarbeit - nein danke

Dennoch können sich laut Männerbericht 60 Prozent der Männer vorstellen, ihren Beruf für eine Familienkarenz zu unterbrechen, doch bei der Vorstellung allein bleibt es meist. Tatsächlich gehen magere fünf Prozent der Väter in Karenz. Somit entscheiden Männer schon lange vor einer möglichen Trennung, welche Rolle sie in der Erziehungs- und Familienarbeit einnehmen wollen.

Doch es wäre ungerecht, hier allein von freien Entscheidungen zu sprechen, die Männer fällen könnten. Schließlich werden auch bei Frauen laufend die gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen ins Feld geführt, die ihr Leben mitbestimmen, in dem sie dann vorwiegend allein für die Kinder zuständig sind und Teilzeit in wenig geachteten Berufen arbeiten.

Höchste Zeit für Kritik

Doch Frauen kritisieren diese Verhältnisse eben schon lange. Es wäre höchste Zeit, dass dies auch Männer tun. Es sollten die 60 Prozent der Männer, die rein theoretisch in Karenz gehen wollen, doch endlich dafür kämpfen, dass sie das tun können. Ohne Einbußen beim Gehalt, dem beruflichen Fortkommen und ohne von KollegInnen belächelt zu werden. Sie sollten sich außerdem dafür einsetzen, dass eine berufliche Karriere nicht der einzige Gradmesser für ein gelungenes Leben ist. Dass sie sich Berufe aussuchen können, die nicht gemeinhin als "männlich" gelten, und am besten auch noch dafür, dass die sogenannten "Frauenberufe" endlich fair entlohnt werden. Kurzum: Sie sollten dagegen protestieren, einem machistischen Männerbild entsprechen zu müssen.

Frauenpolitisch Engagierte wissen, dass die Lebensbereiche Arbeit und Familie aufs Engste miteinander verwebt sind. Sie kennen den Preis dafür, dass sie noch immer mehr der Familie zugeordnet werden. Und sie kämpfen dafür, dass sich das ändert.

Und nun müssen männerpolitisch Engagierte verstehen, dass ihre ökonomische und berufliche Vormachtstellung im Beruf auch Nachteile hat, und danach handeln. Die AutorInnen des aktuellen Männerberichts wissen das, hoffentlich trägt ihre Arbeit dazu bei, eine vernünftige männerpolitische Debatte zu entfachen. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 25.1.2012)