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Twitter-Geschäftsführer Dick Costolo während einer Konferenz in Cannes 2012.

Foto: REUTERS/Eric Gaillard/Files

Wien - Die Kriterien des Bechdel-Testes haben es mittlerweile zu allgemeiner Bekanntheit gebracht. Um diesen Test zu bestehen, muss ein Film drei Merkmale aufweisen, wie sie erstmals 1985 in einem Comic der US-amerikanischen Zeichnerin Alison Bechdel auftauchten: Es müssten darin mindestens zwei Frauen vorkommen, die miteinander sprechen, und zwar über etwas anderes als einen Mann.

David Garcia, Forscher an der Professur für Systemgestaltung der ETH Zürich, hat zusammen mit KollegInnen vom Qatar Computing Research Institute das Geschlechter-Ungleichgewicht von Filmen unter die Lupe genommen. Sie verwendeten dazu Computersoftware: ein Algorithmus erstellt Interaktionsnetzwerke zwischen den Charakteren und berechnet einen Bechdel-Score für Frau-Frau-Gespräche, der Aufschluss darüber gibt, wie oft sich Frauen unterhalten, ohne einen Mann zu erwähnen.

Ebenso berechnet die Software den Bechdel-Score für Mann-Mann-Dialoge dafür, wie oft Gespräche ohne Erwähnung einer Frau stattfinden. Das Ziel der Forscher war es, nicht nur zu testen ob, sondern auch zu welchem Grad Filme den Bechdel-Test bestehen oder nicht bestehen.

Tweets im Bechdel-Test

Diesen Algorithmus wiederum verwendeten die Forscher in einem zweiten Schritt, um reale Dialoge auf dem Kurznachrichtendienst Twitter dem Bechdel-Text zu unterziehen. Sie analysierten 300 Millionen Tweets von gut 170.000 Charakteren, um so ein Interaktions-Netzwerk zu erzeugen.

Dabei stellten sie einen deutlichen Unterschied zwischen den Geschlechtern fest: Twitter-Dialoge unter Männern drehten sich seltener um eine Frau. Umgekehrt gab es mehr Dialoge zwischen Frauen, die Referenzen auf Männer beinhalten, als solche über andere Themen.

Dabei bestanden unter den Nutzern durchaus Unterschiede: Die Gespräche von Studierenden waren ausgewogen in Bezug auf Erwähnung des jeweils anderen Geschlechts. Im Gegensatz dazu war das "Gezwitscher" von Vätern sogar noch männerlastiger: sie unterhielten sich noch weniger mit Twitter-Nutzerinnen und noch seltener über Frauen als ihre kinderlosen Mit-Tweeter.

Algorithmus künftig als Werkzeug

"Offenbar ist Twitter eher männlich geprägt", sagt Garcia. Im Vergleich dazu schnitt Myspace, ein anderes soziales Netzwerk, bei einer Untersuchung der ETH-Forschenden geschlechterneutraler ab, wahrscheinlich weil dort im Gegensatz zu Twitter mehr privater Austausch stattfindet.

Garcias Algorithmus soll künftig als Werkzeug dienen, um nicht nur Filme, in denen eines der beiden Geschlechter deutlich unterrepräsentiert ist, durch ein "Rating" kenntlich zu machen, sondern auch um das Design von sozialen Medien zu prüfen. So könnten die Anbieter testen, ob das eine oder das andere Geschlecht weniger angesprochen wird als beabsichtigt. (red, dieStandard.at, 23.4.2014)